Ein möglicher anderer Titel für diese kleine Geschichte hätte auch „Was für mich gilt, gilt für andere noch lange nicht“ lauten können. Und wenn ich etwas mehr Zeit investiert hätte, um über das alles ein paar Gedanken zu verschwenden, dann wären mir sicher noch unzählige weitere Titel eingefallen. Ich möchte aber nicht zu viel Zeit auf die Sache verwenden – eigentlich habe ich jetzt schon zu viel Zeit dafür verschwendet.
Zur Vorgeschichte: Im Jahre 2014 meinte ein CDU-Lokalpolitiker – nennen wir ihn einfach Hans-Peter, auch wenn er ganz anders heißt – durch reichlich diskriminierende Äußerungen in Richtung homosexueller Menschen auf sich aufmerksam machen zu müssen. Stark verkürzt kann man seine Aussagen etwa so zusammenfassen: „Homosexualität sollte wieder strafbar sein und man muss Kinder vor Homosexuellen schützen, womit ich aber niemanden diskriminieren möchte.“ Jetzt fragt sich der mitdenkende Leser: „Bitte? Erst diskriminierende Aussagen machen und dann glauben, dass das mit einem Nebensatz alles wieder gut ist?“
Diese Frage stellte zumindest ich mir und ich formulierte aus diesen Gedanken einen Blogbeitrag, mit dem ich die Absurdität dieser Argumentation aufzeigen wollte, indem ich sie auf die Spitze getrieben habe. Der provokante Titel meines Beitrags lautete: „Hans-Peter ist ein Arschloch (damit will ich ihn natürlich nicht beleidigen)“. Wobei statt „Hans-Peter“ dort der Name dieses Menschen stand.
Irgendwann war die ganze Sache in Vergessenheit geraten: Einem Parteiausschluss aus der CDU kam der Mann durch Parteiaustritt zuvor und nach einer gewissen Welle durch bundesweite Medien (deren Artikel alle noch im Netz zu finden sind, aber dazu später mehr) verschwand Hans-Peter in der wohlverdienten Versenkung. Bis zum Juni diesen Jahres. Da bekam ich Post von diesem Herrn, in der er mir eine Strafanzeige ankündigte und mir mit einer Klage drohte, falls ich ihm nicht 800 Euro Schadenersatz überweisen würde.
Meinungsfreiheit, Strafanzeige und 800 Euro Schadenersatz [Update]
Habe ich natürlich nicht getan, sondern Udo Vetter kontaktiert. Zum einen wegen der Strafanzeige – hier wollte die Polizei mich gerne sprechen und Udo teilte denen mit, dass er vorher gerne Akteneinsicht hätte, danach nichts mehr davon gehört – und natürlich auch, um Hans-Peter eine nette Antwort zu schreiben, dass und warum er von mir ganz sicher keine 800 Euro bekommen würde. Was ich aber getan habe: Den entsprechenden Blogbeitrag offline genommen (seinen Namen entfernt, Passwortschutz rein), da nun echt nicht mein Herzblut daran hängt, dass der Beitrag online ist.
Dann war eine Weile Ruhe, bis sich das Amtsgericht meldete, gerne eine Stellungnahme wollte (und auch bekommen hat) und nun gibt es also einen Termin für die Verhandlung: Am 1. Februar 2016 um 11:30 Uhr wird mein persönliches erscheinen in Raum 314 des Amtsgericht Saarbrücken angeordnet. Jeder andere darf natürlich auch vorbei schauen, schließlich gibt es in Deutschland den Öffentlichkeitsgrundsatz. Update: Es wird keine öffentliche Verhandlung geben, das wird jetzt in einem schriftlichen Verfahren entschieden.
Worum geht es also? Letztlich um die Frage, wie viel Kritik und in welcher Form, sich ein Politiker gefallen lassen muss, der öffentlich einen ganzen Haufen dummes Zeug loslässt. Wie weit darf man solche dummen Aussagen von Politikern satirisch zuspitzen?
Natürlich gibt es bei der Sache noch viele andere Fragen, wobei ich keine Ahnung habe, welche davon am Ende vor Gericht geklärt werden können:
- Kann es wirklich sein, dass Hans-Peter den Blogbeitrag bei mir erst nach einem Jahr gefunden hat, wie er behauptet? Ich habe damals leider nicht Screenshots aller Kommentare auf seiner Facebook-Seite gemacht, aber ich bin mir sehr sicher, dass darunter auch welche mit einem Link zu meinem Beitrag waren.
- Kennt Hans-Peter tatsächlich keinen Content-Klau und glaubt er wirklich, ich würde zig Seiten im Netz betreiben, die meine und unzählige andere Blogbeiträge ungefragt spiegeln?
- Es gibt doch dieses „Recht auf Vergessen“, mit dem Menschen sie selbst betreffende Links aus Suchmaschinenergebnissen entfernen lassen können – warum hat Hans-Peter davon keinen Gebrauch gemacht? Ich halte zwar von dieser Regelung nicht viel, aber wenn es sie doch gibt, warum nutzt er sie dann nicht? Immerhin finden sich unter seinem Namen unzählige Beiträge im Netz, die seine homophoben und diskriminierenden Äußerungen zum Inhalt haben.
Dafür ist etwas anderes schon seit seinem Brief im Juni sicher: Er glaubt seine eigene Argumentation nicht. Er diskriminierte Homosexuelle und meinte, wenn er den Nebensatz „das ist nur meine Meinung und ich will niemanden diskriminieren“ hinzufügt, dann wäre es keine Diskriminierung mehr. Würde er das selber glauben, dann dürfte er sich ja von mir nicht beleidigt fühlen, schließlich hatte ich ausdrücklich geschrieben, dass es sich bei dem Blogbeitrag nur um meine Meinung handle und ich ihn damit auf keinen Fall beleidigen wolle. So betrachtet hat er also schon längst verloren :)
RT @dobschat: Homophobie, Diskriminierung, Beleidigung und das Gericht… https://t.co/CPV83TbFOp
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