Deutsche Großfamilie muss ausziehen wegen Asylbewerbern!

Großer Skandal und ich kann schon nicht mehr zählen, wie oft das inzwischen in meinem Newsfeed bei Facebook auftauchte. Arg verkürzt geht die Story so: Einer achtköpfigen Großfamilie wurde der Mietvertrag gekündigt, weil in das Haus Asylbewerber einziehen sollen. Und in dieser stark verkürzten Form ist das natürlich ein gefundenes Fressen für diverse Gestalten am rechten Rand und darüber hinaus: Da würde man es wieder sehen, den armen Deutschen wird alles genommen und es wird den bösen Asylanten in den Allerwertesten geschoben.

Nur ist es eben nicht ganz so einfach, wie es die Damen und Herren mit dem Rechtsdrall gerade machen. Zwar gibt es nicht viel im Netz zu der Geschichte zu finden, aber es würde ja schon reichen den Artikel im Express, auf die sich alle beziehen, einfach mal komplett zu lesen. Dann würde man vielleicht darauf kommen, dass es eben nicht so ist, dass da eine deutsche Großfamilie von heute auf morgen und komplett überraschend auf die Straße gesetzt werden würde…

Tatsache ist, dass die Familie in einem Haus der Stadt Niederkassel wohnt. Dieses Haus wurde vor 15 Jahren als Übergangsheim für Flüchtlinge gebaut und war als solches auch vorgesehen. Jedoch blieb die Zahl der Flüchtlinge dann hinter den Erwartungen zurück und statt das Haus nun leer stehen zu lassen wurde es eben an jene Familie vermietet. Soweit ganz normal und auch nicht zu beanstanden. Es gibt ja keinen Grund städtischen Wohnraum leer stehen zu lassen, nur weil er akut für den vorgesehenen Zweck nicht benötigt wird.

Jetzt müsste man aber die letzten Monate unter einem Stein gewohnt haben, um nicht mitbekommen zu haben, dass die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen steigt. Und wie sollte es anders sein, auch Niederkassel muss nun schauen, wo sie die Flüchtlinge unterbringen können. Tja, und da ist eben jenes Haus, welches als Flüchtlingsunterkunft gebaut wurde, aber derzeit eben an jene Familie vermietet wurde. Die Stadt geht nun also den logischen Schritt und kündigt den Mietvertrag für das Haus – fristgemäß, es bleiben der Familie also mindestens drei Monate – um es für den ursprünglichen Zweck zu nutzen.  Meiner Meinung nach kann die Familie auch kaum sagen, dass die Kündigung vollkommen überraschend und aus heiterem Himmel gekommen wäre, immerhin müssen die doch gewusst haben, wofür das Haus eigentlich gebaut wurde und wenn sie nicht unter einem Stein… nein, haben sie nicht, sie haben in dem Haus gewohnt.

Das ist jetzt für die Familie ziemlich beschissen, gar keine Frage, aber es ist weit von den Horrorstories entfernt, die irgendwelche Rassisten verbreiten. Es ist eine ganz reguläre Kündigung, wie sie eben passieren kann, wenn ich Wohnraum anmiete. Und ja, es handelt sich bei dieser Familie mit Sicherheit um eine Familie, die besondere Unterstützung verdient, auch das wird niemand abstreiten. Aber wie geschrieben: Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate und wir leben in einem Rechtsstaat, d.h. wenn man glaubt ungerecht behandelt zu werden, dann kann man den Rechtsweg beschreiten und genau das tut diese Familie.

Fassen wir zusammen: Eine ordentliche Kündigung, gegen die erstmal nichts einzuwenden ist, gegen die die Betroffenen sich aber rechtlich wehren – wofür ich ihnen viel Glück wünsche – und eine Stadt, die offensichtlich Probleme hat, gleichzeitig Flüchtlinge als auch sozial schwache Familien unterzubringen.

Und wie wird die Sache nun ausgehen? Ich wage mal eine Prognose: Die Stadt Niederkassel wird sich weiter um Wohnraum für Flüchtlinge bemühen, die Kündigung der Familie wird vor Gericht ausgefochten und alleine dadurch wird der Auszugstermin nach hinten verschoben. Wahrscheinlich verschiebt die rechtliche Klärung die Kündigung so weit, dass die Stadt zwischenzeitlich andere Lösungen für die Unterbringung der Flüchtlinge finden wird (weil sie das muss) und die Familie wird in dem Haus bleiben oder von der Stadt eine angemessene Alternative zur Verfügung gestellt bekommen.

Mein Opa sagte da immer: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Bevor sich jetzt also jemand dazu bemüssigt fühlt, die Geschichte mit einem „Ich habe zwar nichts gegen Flüchtlinge, aber…“-Spruch zu kommentieren, einfach zwei oder drei ruhige und tiefe Atemzüge machen, kurz nachdenken und die Sache einfach mal beobachten. Besser ist das und gesünder als hektische Schnappatmung auch. Und wenn man schon jemandem die Schuld geben will an der Situation, dann doch bitte nicht den Flüchtlingen, den die sind sicher nicht hierher gekommen, um irgendjemanden aus seinem Haus schmeissen zu lassen, sondern der Stadt Niederkassel, die es – aus welchen Gründen auch immer – versäumt oder nicht geschafft hat, rechtzeitig für entsprechende Alternativen zu sorgen.

Artikelbild von Jens-Olaf Walter, Lizenz:  CC-BY-NC 2.0

0 Comments

Jeveux Williams

Sie können auch wohnen bleiben und dann werden Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt, aber das wäre ja so manchen Deutschen auch wieder nicht recht.

Ich muss sagen ich habe nichts gegen Asylbewerbern aber ich finde es trotzdem schlimm, dass sie hier leben.
Nicht etwa aus den von vielen geteilten Gründen, sondern weil ich niemand Wünsche aus den obengenannten Gründen sein Heimatland verlassen zu müssen. Leider will aus einem mir unbekannten Grund keiner eine Veränderung in seinem Leben es sei den die Medien „zwingen“ einen dazu.
Ab und zu sollte doch jeder selbst einmal denken. Im nächsten Schritt wäre es vorteilhaft sich auch selbst ein Bild von der Lage zu machen. Was ist so schwer daran sich mit den Asylbewerbern und denen den Asyl schon gewährt wurde mal zu unterhalten? Aber das werde ich (18) wohl Nichtmehr erleben dürfen.

Martin Polster

Hab´ Ich vielleicht falsch formuliert, Ich meinte Schlagzeilen wie:
„Deutsche Familie muss ausziehen wegen Asylbewerbern“…
Solche Schlagzeilen schwirren ja ohne Ende rum.
Über so nen´ Humbug regt sich doch kein Mensch der des Denkens fähig ist auf.

Carsten Dobschat

Das ist genau das Problem: Wenn alle anderen anfangen so was zu übergehen und sich nicht mehr dagegen zu stellen, dann haben die Idioten und Schwachmaten gewonnen…

Dina Petersen

Das habe ich bei uns in Ort ist der gatztages Schulen Ausbau gestobt worden die Gelder gehen erst in Potter das sie ankommen alles haben. Wo sind unsere Kinder .

Carsten Dobschat

Das bei Euch was mit den Schulen nicht in Ordnung sein kann ist offensichtlich, wenn man liest, was Du hier so schreibst. Und ich habe keine Ahnung wo Deine Kinder sind, wäre es nicht Deine Aufgabe auf die aufzupassen?

Stephan Malzkorn

Ich habe ja nichts gegen Flüchtlinge. Aber was können die bitte für die Entscheidungen der Stadt Niederkassel. Ich meine: Darf ich als Flüchtling einen Antrag stellen, in welcher Stadt, in welchem Gebäude ich kostenlos untergebracht werde? Das wäre schon ziemlich cool, aber ist eher unwahrscheinlich.

Maximilian

Lieber Jens-Olaf,

ich finde es erst einmal klasse, dass du hier so einen Fall genau schilderst und damit versuchst ein differenziertes Denken (eben je nach Fall) anzuregen, was vielen Leuten einfach fehlt, weil sie zu faul dazu, zu doof oder was weiß ich sind.

Das setzt aber voraus – und das ist genau meine Kritik an deinem Artikel – selbst genau zu differenzieren!! Ich sehe es als großes Problem, dass jeder, der eine kritische Anmerkung gegenüber Asylpolitik, Integration etc. macht (und sei sie bisweilen auch oft sehr ungeschickt formuliert), sogleich an den „rechten Rand“ geschoben und als „Rassist“ betitelt wird. Das ist für mich ebenfalls Polarisierung und mangelnde Differenzierung. Ich halte das für stark linksgerichtete Polemik und sehe es als (fast!) genauso problematisch wie die fehlende Unterscheidung zwischen Muslimen und Islamisten auf der rechten Seite!…Das ist die berühmte „Nazikeule“, die in Debatten gerne ausgespielt wird, um Andersdenke, Kritiker schlecht dastehen zu lassen, weil ihre Meinung nicht in das eigene Weltbild passt.

Ich bin der Meinung diese Polarisierung in Richtung „Nazi“ verhindert jeden sinnvollen, gesellschaftlich-politischen Diskurs!!!…UND die vielfach herablassend zitierte Äußerung: „Ich bin zwar kein Nazi, aber….“ oder wie du schreibst „Ich habe zwar nichts gegen Flüchtlinge, aber…“ ist meines Erachtens inzwischen vielmehr eine Art Selbstverteidigung vieler gemäßigter Leute aus der Mitte (also keineswegs rechter!!), die es einfach satt haben, wenn jede Äußerung, die nicht in das Weltbild einer breiten linksgeneigten Öffentlichkeit passt, sofort mit der Gegenoffensive „Ach, Rassist?“, „Nazi oder wie?“ niedergemacht wird.

Ich selbst bin im Januar gegen Legida in Leipzig auf die Straße gegangen. Ich bin ganz klar für Weltoffenheit, Toleranz, Willkommenskultur (um es mit den üblichen Schlagwörtern abzukürzen) und dafür, dass Menschen in einer schwierigen Lebenssituation (die quasi alles verloren haben), bei uns aufgenommen werden!! Ich bin deshalb auch sehr erschüttert angesichts der sich häufenden Übergriffe auf Flüchtlinge und Asylheime und finde, dass wir der Gefahr von „rechts“ klar die Stirn bieten müssen!!

Mir ist es aber EBENSO WICHTIG, dass wir uns offen austauschen und miteinander diskutieren können und dass man NIEMANDEN, der eine andere Auffassung vertritt, sofort in die linke oder rechte Ecke drängt! DIFFERENZIEREN STATT POLARISIEREN lautet das Motto – denn DAS macht wirkliche TOLERANZ aus. Deshalb sind für mich großangelegte Veranstaltungen für Toleranz und Weltoffenheit das perfekte Gegengewicht zu Pegida, Legida usw. – viel wirkungsvoller als die ewigen Sitzblockaden, Nazis-Raus-Rufe und das Werfen von Steinen!!

Herzliche Grüße,
Maximilian.

Carsten Dobschat

a) Die Anrede ist falsch, ja…
b) Bitte bemühe eine Suchmaschine Deines Vertrauens und schau mal, wer so alles, mit welchen Anmerkungen, von welchen Seiten die Geschichte teilt und dann reden wir noch mal darüber, ob „Rassist“ und „Nazi“ für solche Leute die falsche Zuschreibung ist. Ich denke nicht, dass es falsch platziert ist bei jemandem, der die Geschichte mit einem Link zu einer bekannten rassistischen Hetzseite und einem Kommentar teilt, der die Worte „Scheiß-Neger“ oder „Drecks-Asylanten“ enthält.
c) In 99% der Fälle folgt auf das „aber“ in diesen „Ich ja nichts gegen…“-Sätzen eine klare rassistische Aussage. Die Ausnahmen sind eine verschwindend geringe Minderheit. Und auf Rassisten zuzugehen habe ich vor Jahren aufgegeben. Es bringt nichts. Keine Chance. Es bringt nichts zu versuchen Typen irgendwas zu erklären, die elementarste Menschenrechte nicht akzeptieren wollen. Und es fängt bei „Jeder Mensch hat die gleichen Rechte“ an. Diskussionen mit Menschen sind verschwendete Lebenszeit, die glauben, dass andere Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder ihrer sexueller Orientierung weniger oder mehr Rechte hätten als andere. Da helfen keine Feste, solchen Menschen muss man sich in den Weg stellen, sich in den Weg setzen.

Maximilian

Hallo Carsten,

Erstmal sorry für die falsche Anrede!

Tatsächlich eine sehr schwierige Gratwanderung, das steht außer Frage!
Aber grundsätzlich bin ich der festen Überzeugung, dass miteinander reden, einander zuhören die bessere Strategie ist, als sich gegenseitig zu verteufeln und zu sagen: „Du bist sowie ein Rassist, dir ist nicht zu helfen, mit dir will ich nix zu tun haben!“ Möglicherweise kann ich dann sogar die erste Person im Leben dieses (vermeintlichen) Rassisten sein, die diesem mal zuhört und sich mit ihm konstruktiv auseinandersetzt. Auf dieser Basis kann man ihm dann nämlich viel besser Paroli bieten und seine Argumente widerlegen. Denn viele der besagten Leute kommen aus beschissenen Familienverhältnissen/sozialen Verhältnissen (natürlich längst nicht vergleichbar mit der Situation von Asylsuchenden aus Krisenregionen!) und da braucht man sich nicht wirklich wundern, dass sie so vereinfacht denken und daherreden.

Bevor ich jetzt noch ewig weiter argumentiere, empfehle ich dieses Video bzw. den gesamten Youtube-Blog:

https://www.youtube.com/watch?v=sw_ZRJK4PnY

Das zeigt nämlich genau das, was ich die ganze Zeit sagen will: Eine offene, zuhörende Haltung auf der Beziehungsebene, aber eine klare, begründete Widerlegung auf der Inhaltsebene….Denn Offenheit ist genau das, was du und ich auch von jedem anderen verlangen (gegenüber Flüchtlingen und anderen Minderheiten) und deshalb sollten wir selbst den ersten Schritt in diese Richtung machen!!!

Viel Glück für alle weiteren Artikel und Aktivitäten!

Carsten Dobschat

Ich bin zu alt und habe zu viel Lebenszeit in Diskussionen mit Rassisten verschwendet… Wer sich das antun möchte, bitte gerne, aber ich kann und will das nicht mehr. Solche Diskussionen drehen sich immer wieder im Kreis – das ist vergleichbar mit Verschwörungstheoretikern (da gibt es viele Überschneidungen): Die haben sich ihr Weltbild gebaut und bleiben dabei. Gegenbeweise werden geleugnet, das eigene „Bauchgefühl“ zum Maßstab und der ultimativen Wahrheit erklärt…

Ich nenne so was das „Pippi-Langstrumpf-Syndrom.

Maximilian

Hallo Carsten,

deine Erfahrung wird dir da sicherlich rechtgeben.
Trotzdem sollten wir mit dem Begriff „Rassist“, „Nazi“ nicht zu leichtfertig umgehen. Dazu müssen schon einige Kriterien erfüllt sein! (einschlägige Lexika sind da sicherlich schlauer als ich).

Hier mal meine persönlichen Erfahrungen mit der „Spezies“ über die wir hier reden:
Ich erlebe leider viele Leute (das musste ich nun leider auch in meinem engeren Bekanntenkreis feststellen), die in der Flüchtlingsdebatte streng gegen fast jede Aufnahme von Flüchtlingen in Dtld. sind (nach demMotto: „Sollen das mal schön die anderen machen!“). In Wahrheit haben sie einfach keinerlei Ahnung zum Thema, aber dennoch eine Meinung, die sie wahrscheinlich von einem guten Kumpel nachplappern oder so ähnlich. Diese Leute sind schlichtweg zu bequem, sich mit aktuellen Dingen auseinanderzusetzen und ihnen geht das Schicksal fremder Menschen (oder aller anderen Menschen) ziemlich am Arsch vorbei. Außerdem fürchten sie natürlich jede noch so kleine Veränderung ihres Alltags / jeden noch so kleinen Kompromiss, der sie durch eine höhere Zahl von Asylsuchenden erwarten könnte. Bei diesen Leuten würde ich aber eher zum Begriff „ignoranter Dummkopf“ oder „egozentrisches Ar…l…“ greifen, als dass ich einen überzeugten Nazi/Rassisten darin sehe.

Am Ende kommt halt leider politisch gesehen fast das gleiche Problem dabei heraus und selbstverständlich sind solche Typen für die überzeugten, aktiven Rechtsextremisten ein gefundenes Fressen!

Hallo ihr beiden,

also prinzipiell ist Maximillians Haltung richtig. Ich kann aber Carstens Verdruss gut nachvollziehen.
Ich muss auch in meinem eigenen Bekanntenkreis die populistischen Phrasen wiederlegen. Das klappt teilweise nur mit viel Mühe, obwohl wir uns kennen.
Es mag flasch sein jemand vorschnell als Nazi zu tituliern, das blockiert ein weiteren Dikurs. Es ist und wird auch als eine Beleidigung wahrgenommen.
Umso erschreckender, dass mit solchen Argumenten und Sprüchen hantiert wird die rassisitisch und fremdenfeindlich sind. Das zeigt, neben eine egozentrischen Sichtweise, auch eine abhandengekommene (oder nie dagewesene) Sensibilität.