Während ich mich noch durchaus vernehmbar am Bahnsteig über die nicht vorhandene Organisation und Planung der Bahn aufregte und bemerkte, dass man den Laden ja gar nicht privatisieren dürfe, der würde ja Konkurs machen und mich fragte… Wie auch immer, ich regte mich tierisch auf, weil mal wieder alles schief gelaufen ist: der Bahnsteig, an dem mein ICE in Bochum fahren sollte war gesperrt, ich bekam die Info, der ICE würde am Gleis 5 abfahren, dort kam dann die Durchsage, man möge sich doch zur S-bahn auf Gleis 7 begeben, nach Essen fahren und dort in den ICE steigen, da es keinerlei Fernverkehr mehr in Bochum gäbe. Aufgrund der Durchsage also zu Gleis 7 gehetzt, die S-Bahn stand dort natürlich nicht mehr, andere hatten gesehen, dass die schon abgefahren ist, während noch die “Bitte nehmen Sie die S1 auf Gleis 7…”-Durchsage wiederholt wurde. Auf meine Nachfrage wurde mir noch versichert, dass der ICE in Essen garantiert nicht warten könne und ich eben schauen müsse, wie ich weiter käme. Ich hatte also allen Grund sauer zu sein. Und während ich meinem Unmut Luft machte, schaute mich da so ein Typ mit einem vorwurfsvoll-einfühlsamen Blick an (dieser Sozialpädagogen-Blick, der kommt, nachdem man jemanden verprügelt hat und der Sozialpädagoge zu seinem Satz “Du, ich denke wir sollten uns mal über deine Aggressionen unterhalten, Du” ansetzt) und erklärte mir, dass die Bahn ja gar nix dafür könne, schließlich habe sich da jemand vor den Zug geschmissen, ja einfach so auf die Gleise vor den einfahrenden Zug gestellt. Meine Antwort schien ihm nicht gefallen zu haben, sein Gesichtsausdruck fror kurz ein und wandelte sich dann in so einen abwertenden-entsetzten Blick voller Abscheu und Ekel.
Das ist mir eigentlich egal, wenn dieses Arschloch meint, sich umbringen zu müssen, warum kann der dann nicht in den Wald gehen und sich still und heimlich irgendwo aufhängen, statt sich vor einen Zug zu schmeissen und damit wer weiß wie viele andere Menschen zu belästigen? Oder hat der sich für ein Schaf gehalten?
Ja ich weiß, es geht um ein Menschenleben und das ist natürlich bedeutender, als von einem Gleis zum nächsten gehetzt und mit ständig neuen und widersprüchlichen Informationen gefüttert zu werden, sich geradezu verarscht vorzukommen mit der Aussicht die ganze Nacht in Zügen und an Bahnhöfen zu verbringen (hey, wozu bin ich “bahn.comfort Kunde”? So eine Bahncard 100 kostet ja doch ein paar Euro). Aber wie sonst soll man reagieren, wenn einem so ein Sozialpädagoge den Frustabbau und Ärger über die Bahn verbieten will? Hätte ich lieber platzen sollen?
Und wenn dieser Vertreter-Typ, der mir da gerade gegenüber sitzt mit seinem Bier nicht aufpasst, dann…
Einfach inne Fresse. Und wenn die Kackbratze fragt, warum, dann gleich nochmal.
Immer druff!
Also dieser Soziologe hatte natürlich recht. Die meisten Selbstmörder wollen ja mit ihrem Tod noch eine Aussage treffen. Dich und andere in Bochum oder sonstwo festzunageln ist natürlich ein ganz anderes Statement, als irgendwo einsam im Wald ein letztes mal zu röcheln und das Höschen zu beschmutzen.
Außerdem haben viele Selbstmörder Höhenangst.
Mir waren sie auf Schienen allerdings auch immer lieber. In einem früheren und nicht unbedingt besseren Leben hatte ich den Fehler gemacht, mich in Feuerwehr, THW und DLRG wichtig zu machen. Größmäuliges Arschloch das ich immer schon war.
Damals lebte ich im Land der 1000 Berge oberhalb des Ruhrgebietes, auch liebevoll Sauerland genannt. Soweit man zu einem Land das dauernd verregnet und ansonsten vernebelt, auf jeden Fall aber arschkalt ist, überhaupt liebevoll sein kann.
Dort hatten wir vor allem Gegend. Reichlich Gegend. Zu viel Gegend. Egal. Überall auf dieser Gegend, die zudem ständig noch bergrauf und bergrunter ging, standen Bäume rum. Zumeist Fichte. Heute besser als der Ikeabaum bekannt.
Diese Berge und Bäume übten eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf all die netten Menschen aus dem Ruhrgebiet, denm Niederrhein bis nach Holland aus, die glaubten überflüssig zu sein und dieses wohl auch waren.
Einige hielten gleich auf der A45 und jumpten von der Autobahnbrücke. Nicht selten schafften sie es bei ihrem Ableben auch noch halbe Kleinfamilien zu töten, die gerade mit ihrem Auto unter der Brücke durchfuhren.
Andere parkten ihre Autos an den Stauseen und Talsperren und gingen ins Wasser. Das Wasser war bei uns wahrscheinlich einfach sauberer oder die Fische netter. Die durfte man dann suchen und bergen, weil ihre Autos nach einigen Wochen doch auffielen. Nette Sache so einen von den bekannten Antriebstellen durch tauchen hochzuholen. Wirklich lecker.Aber wenigstens gab es eine Tauchgang auf fremde Kosten.
Andere parkten auch und gingen in den Wald. Auch deren Autos fielen auf. Dann durfte man als Feuerwehrmann oder vom THW suchen gehen. Dabei gab es die dumme Regel, wer ihn findet nimmt ihn ab. Leider besaß ich zu der Zeit einen vorzüglichen Hund mit einer noch vorzüglicheren Nase. Der fand ihn immer, dummerweise musste der Hund ihn nicht abnehmen.
Dann durfte man abwarten bis die Staatsanwaltschaft oder Kripo kam. Das war gut, denn man braucht Zeit um sich zu überlegen wie man den Typen da runter bekommt. Die meisten hängen sich an Aussichtspunkten auf. Da wo die Äste über die Felsen reichen.
Nein die Staatsanwaltschaft hatte kein Interesse daran den Vogel selber zu bergen. Also hoch mit meiner Wenigkeit. Dann kommt der Moment wo man seine Beine in einen Bergungssack stecken muss um ihn in diesem vollständg zu verpacken, damit bei der Bergung keine Teile verloren gehen.
Ist es nötig zu sagen, das bei dem Versuch die Füße einzufangen, immer Wind aufkommt? Nein dann ist es ja gut. Es ist wirklich lecker wen ein meist augenloser einen anzusehen versucht und intime Körperregionen in Richtung des eigenen Kopfes bewegt. Herrlich. Die Krähen mögen die gut abgehangenen besonders, aber auch die Maden sind wie bei CSI wirklich vorhanden.
Auch der Geruch ist einfach toll. hat man den Vogel im Sack muss der Sack sicher am Baum befestigt werden, damit man den Ast absägen kann, den die Kripo samt dem Knoten als Beweismittel braucht.
Es ist nett so gesichert über dem Kopf des zufrieden schaukelnden Selbstmörder, erst das aussenliegende Astteil abzusägen und dann das innenliegende. Ein tolles Geräusch entsteht, wenn er dann in den Sack rutscht und auch eine nette Geruchswolke. Es ist aber verboten über den Toten zu kotzen, weil dabei wichtige Beweismittel vernichtet werden könnten.
Das Abseilen ist dann kein Problem mehr, wenn er sich nicht noch ein paar mal verhakt.
Nein ich bin auch dafür das diese Leute die Schienen nutzen. Da kommt die Polizei und darf die Teile selbst einsammeln, weil weder Feuerwehr noch THW auf dem Bahngelände zuständig sind.
Mitleid mit Selbstmördern. Nein. Wem sein Leben und das anderer so wenig wert ist das er es wegwirft kann kein Mitleid erwarten und hat es auch nicht verdient. Es gibt zu viele die jeden Tag sich durch diesen und den nächsten Tag kämpfen, kaum Hoffnung haben, aber trotzdem nicht aufgeben. Diese Leute verdienen unseren Respekt. Für die Selbstmörder gibt es den Leichensack.
Natürlich hättest Du nicht platzen sollen. Aber Deine Antwort war dennoch ein wenig hart, oder?
Sein Gesichtsausdruck war wahrscheinlich so merkwürdig, weil dieses “Bahn-Theater” hier bei uns im Ruhrgebiet völlig normal ist. Einheimische würden sich gar nicht so aufregen. :D
Die Spackos, die einem die Bahnfahrt dann vollends versauen (als ob Bahnfahren nicht schon Strafe genug wäre… wofür eigentlich?), sind ja zu feige für den Selbstmord, das lassen sie man schön den Zugführer machen, auf daß der dann anschliessend auch weiß, wovon er die nächsten Nächte träumen darf und sich schon mal überlegt, wie er seine dreimarkfuffzich gewinnbringend so einem Psychobabbler (mit abgebrochenem Soziologiestudium wahrscheinlich) in den Rachen wirft.
@korrupt: Gewalt ist doch keine Lösung… (so lange man nur darüber redet )
@Martin: Gewalt… aber das weisst Du doch
@Jochen: ja, ist immer eine Frage des Standpunktes – so gesehen sind Schienen natürlich zu bevorzugen. Oder einfach daheim vergiften oder so was… Und was Deine letzten beiden Sätze angeht: genau so ist es.
@Helmut: mir wurde inzwischen auch erzählt, dass so was in Bochum öfter vorkommen soll. Und ja, das Bahn-Theater scheint irgendwie wirklich immer zu sein, jedes Mal ist was bei der Rückfahrt, aber man könnte doch erwarten, dass das Personal langsam damit umgehen kann und nicht jedes Mal die Reisenden (Achtung: Kunden!) quer durch den Bahnhof hetzt, von einem Gleis zum nächsten oder auch gleich von einem Bahnhof zum nächsten…
@Kiki: yap, an so was denkt kein kleiner Junge, wenn er als Berufswunsch Lokführer hat… und die Idioten, die auf die Gleise springen denken da auch nicht dran…
Ne, vollkommen richtig. Ich kenne jemand, deren Bruder ist vom Münsterturm gesprungen… Mensch, irgendjemand muss diese Sauerei ja auch wieder wegmachen. Und gerade Zugführer landen alle irgendwann beim Betriebspsychologen wegen solcher “Personenschäden”. Reichlich rücksichtslos, das.
Kauf dir ‘n Auto, und scheiße auf die Bahn.
Auto fahren ist schön. Navi an, Klima an, Radio auf LAUT, Tempomat rein und laufen lassen. Stilvolle Ledersessel und Edelholz, gemütlicher als manches Wohnzimmer. Und dank der hohen Spritpreise fahren die Leute wieder mehr Bus und Bahn, was zu mehr Platz auf der Straße führt. Gut, manchmal ist auch der Fahrspaß getrübt. Andere stehen im Stau, aber ich sitze im Benz. Und das ist immer noch besser als am Bahnhof zu stehen. Auto fahren ist schön.
@Christoph: auch heftig :/ Ich kann so was echt nicht nachvollziehen…
@Hans Meyer: toll, dann habe ich ein Auto und dann?
@Klaus: ich weiss, ich weiss Ich muss einfach endlich reich werden, damit ich mir meinen eigenen Shuttle-Service leisten kann
Man sagt mir ja nach, ich wäre ein cholerischer Autofahrer. Mag sein. Aber dann bist Du für mich jetzt ein cholerischer Bahnfahrer
Ach was, ich bin eigentlich ganz ruhig und friedlich… Meistens… aber blöd soll mir keiner kommen, wenn ich sowieso schon geladen bin *g*
Einer der besten Blogbeiträge ever. Stimme Dir voll zu, kann mich erinnern wie es meinem Bruder und Cousin (beide Feuerwehr) ging wenn sie wieder mal einen hatten, der meinte vor ihren Augen runterspringen zu müssen. Und Leute, die im ICE mir gegenüber Bier trinken, kann ich gar nicht ab.