Äh ja, genau…

Es gibt Geschichten, die sind so seltsam und verworren, da fragt man sich echt, ob da irgendjemand nicht mehr ganz richtig tickt – entweder die Beteiligten oder der Beobachter, der versucht da noch irgendwas ähnliches wie Sinn oder gar Logik zu erkennen. Aber wahrscheinlich bin ich einfach nur wieder zu blöd, das alles zu verstehen, klar. Aber mal zurück zum Anfang: im Weblog von Stefan Niggemeier wurde Sonntag um 3:37 Uhr früh zu einem Beitrag über Callactive (die produzieren so ein “Call-In-TV”-Kram) ein Kommentar abgegeben. War nicht der einzige Kommentar, aber einer, der einfach zu derb war. Deswegen hat Stefan ihn auch am Sonntag um 11:06 Uhr gelöscht, direkt nachdem er ihn gelesen hatte (also “Kenntnis von dem Kommentar” hatte). Dann ist doch alles gut, oder? So soll es doch sein? Nein. Nicht, wenn es nach Callactive geht: die haben Stefan abgemahnt wegen diesem Kommentar:

Das genügt der Firma Callactive nicht. Ihr Anwalt teilt mir mit, dass trotz der Löschung nicht dauerhaft ausgeschlossen sei, dass dieser Kommentar erneut abgegeben werde. Ich sei „als Störer” verantwortlich, weil ich dieses Blog eingerichtet und in meinem einleitenden Beitrag ausdrücklich zu Kommentaren aufgefordert habe. Es sei deshalb meine Pflicht, die Kommentare vor der Veröffentlichung auf ihre rechtliche Zulässigkeit zu überprüfen.

Na sauber, also geht es mal wieder darum, dass man als Betreiber eines Weblogs oder Forums oder eben irgendeiner Plattform, bei der User Kommentare abgeben können wieder vorab alle Kommentare kontrollieren soll. Darüber kann man natürlich diskutieren, ich denke aber, dass es solchen Plattformen sicher nicht gut tun würde. Aber soweit ist es ja noch gar nicht verwirrend. Richtig verwirrend ist doch eher, dass Mitarbeiter von Callactive den beanstandeten Kommentar jetzt quer durch die Blogosphäre wörtlich zitieren und sich beschweren, dass Stefan in seinem Beitrag, in dem er auf die Abmahnung hinweist genau das eben nicht tut. Äh bitte? Vielleicht verstehe ich es, wenn ich es ganz langsam wiederhole: es wurde ein Kommentar geschrieben, den Callactive so schlimm fand, dass sie Stefan abgemahnt haben, obwohl er den Kommentar von sich aus schon gelöscht hatte. Und jetzt zitieren die von Callactive diesen bösen Kommentar in allen möglichen Weblogs. Nein, ich verstehe es immer noch nicht.
Aber das ist noch nicht alles, was ich nicht so ganz nachvollziehen kann. Lustig wird es ja erst bei der vielleicht hinter der Abmahnung stehenden Logik:

Im Blog von Timo Heuer erklärt jemand, der sich ebenfalls „Callactive” nennt, die vermeintliche Logik des juristischen Vorgehens gegen mich. Wenn ich sie richtig verstehe, hat mich die Firma laut dieser Erklärung abgemahnt, obwohl ich den Kommentar am Sonntagmorgen gelöscht habe, weil ich ihn ja auch erst am Montagmorgen hätte löschen können.

Okay, diese Erklärung ist nicht bestätigt, aber sollte das wirklich der Hintergrund sein, dann frage ich mich, wann die erste Abmahnung kommt, weil in einem Weblog ein Kommentar veröffentlicht werden könnte, aber nicht veröffentlicht wurde – oder so ähnlich.

Noch nicht genug? Mir schon, an anderen Stellen wird inzwischen gestritten, ob Journalisten Blogger sein können oder nicht und ob bloggende Journalisten überhaupt bei einer Abmahnung Solidarität verdient haben. Früher™ hiess es ja noch, jeder könne einfach bloggen und wer bloggt sei ein Blogger – heute ist das natürlich nicht mehr so einfach: halbe Blogger, Vollblogger (oder volle Blogger?), Blutblogger, Blogfundis, Kommerzblogger… Das ist wie im Kindergarten.

6 Comments

Mir ist die Logik klar: der Niggemeier muss abgemahnt werden, weil er den Sonntag nicht zur seelischen Erhebung nutzt, sondern ganz dreist unschöne Forumseinträge löscht. Wenn er das wie alle gottesfürchtigen Menschen am Montag machen würde, wäre das, äh, Moment, auch falsch. Nee, ich verstehe es auch nicht.

Die ganze Problematik könnte man mit einem Schlag lösen: Sendezeit bei RTL kaufen und folgenden 10-minütigen Clip in Dauerrotation senden. Keine Beleidigungen, sondern Ausschnitte, die für sich sprechen.

Ja, aber der ist ja auch gar kein Blogger, sondern Journalist. Von daher hat er das ja auch verdient.

[/ironie]

marcel weiß

Im letzten Satz bitte ‘wie im’ streichen. Das als Absurdität2.0 zu bezeichnen, wäre noch untertrieben.

@Inishmore: wenn ganz viele Leute zusammen legen… was kostet denn die Minute bei RTL? *g*

@vivec: genau so ist es… und Anwälte sind sowieso keine Blogger, weil sie ja Anwälte sind und Polizisten auch nicht, Politiker können eh nicht bloggen… und überhaupt: so ganz ohne anständige Ausbildung einfach bloggen? Neee….

@marcel: naja, das Durchschnittsalter der Blogosphäre ist noch etwas höher als in einem herkömmlichen Kindergarten – daher hat das “wie im” durchaus seine Berechtigung…

Klaus-Peter

Also, mir fällt dazu nichts mehr ein. Das könnte aber auch ein Abmahngrund sein, weil man ja nicht weiß, was das heißt. Vielleicht ja gar: Absurd?
Denn die Anrufer auf den nicht so ganz preiswerten Hotlines müssten ja schon surfen, um irgendwelche Kritik an irgendwelchen Spielchen zu lesen, vor der sie durch die Abmahnug geschütztztztzt …

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