Frau Ferner hat geantwortet…

Erinnert sich noch wer an meine Versuche zu Thema Urheberrechtsnovelle ein paar Antworten von Abgeordneten zu bekommen?  Ich habe eine weitere Antwort bekommen, von Frau Elke Ferner. Und zwar per eMail:

Sehr geehrter Herr Dobschat,

gerne möchte ich nochmal auf ihre Kritik an der Novellierung der Urheberrechtsnovelle (Korb II) zurückkommen.

Natürlich bleibt – wie auch in dem von Ihnen erwähnten Musterbrief beschrieben – die Privatkopie weiterhin zulässig, wobei aufgrund
des privaten Charakters die Anzahl der Kopien natürlich begrenzt bleibt.

Der von Ihnen angesprochene Auskunftsanspruch gegen Provider bei Rechtsverletzungen im Internet ist nicht Thema der Novelle des
Urheberrechts. Der Auskunftsanspruch ist in dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums
vorgesehen, mit dem eine entsprechende EU-Richtlinie umgesetzt wird. Nach der Richtlinie muß bei Rechtsverletzungen im Internet ein
Auskunftsanspruch gegen Provider vorgesehen werden.

Nach dem Referentenentwurf zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums sind Auskunftsansprüche gegen
Dritte – wie z.B. Internet Provider oder Spediteure – sowohl bei erhobener Klage als auch bei Offensichtlichkeit der
Rechtsverletzung vorgesehen. Es soll eine Ermittlung des Rechtsverletzers mit zivilrechtlichen Mitteln ermöglicht werden, weil
Klagen gegen Unbekannt nicht möglich sind. Diese Regelung wird vor allem bei Urheberrechtsverletzungen im Internet relevant werden.

Außerdem soll der Auskunftsanspruch gegen die Provider nur in Fällen gewerblichen Ausmaßes bestehen. Grundsätzlich besteht hierbei
ein “direkter Auskunftsanspruch” des Rechtsinhabers gegenüber dem Provider.

Gesondert geregelt ist allerdings der Fall, dass dem Dritten die Erteilung der begehrten Auskunft nur unter Verwendung von
Verkehrsdaten im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (TKG) möglich ist. Dies sind Daten zu den Umständen der Telekommunikation wie
Zeitdauer und Zuordnung zu eine/-m/-r Anschlussinhaber/-in. Zukünftig soll auch der Zugriff auf diese Verkehrsdaten unter engen
Voraussetzungen möglich sein. Da dem Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 Abs. 1 GG Verfassungsrang zukommt, muss der Auskunft aber eine
richterliche Entscheidung vorausgehen. Diese Anordnung ergeht auf Antrag des/der Verletzten.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Bedenken gegen die Neuregelung der Urheberrechtsnovelle durch den hier skizzierten Rechtsrahmen etwas
abmildern. Ich denke, es ist ein guter Ausgleich zwischen den Rechten der Urheber/-innen und den Interessen der Verbraucher/-innen
gefunden worden.

Mit freundlichen Grüßen und herzlichem Dank für Ihre Geduld

Elke Ferner  

Büro
Elke Ferner, MdB
Stv. Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion

Nicht faul habe ich gleich mal schnell zurück geschrieben:

Hallo Frau Ferner.

Am 31.05.2006 um 11:45 schrieb Elke Ferner:

gerne möchte ich nochmal auf ihre Kritik an der Novellierung der Urheberrechtsnovelle (Korb II) zurückkommen.

Natürlich bleibt – wie auch in dem von Ihnen erwähnten Musterbrief beschrieben – die Privatkopie weiterhin zulässig, wobei aufgrund
des privaten Charakters die Anzahl der Kopien natürlich begrenzt bleibt.

Nun ja, wobei man aber einen “Kopierschutz” nicht umgehen darf. Und was ist nun ein “Umgehen”? Eine analoge Kopie? Wie sieht es aus, wenn mein Computer einen “Kopierschutz” gar nicht bemerkt und eine CD trotzdem kopiert – ganz ohne spezielle Software? Laut in der Presse zitierten Aussagen von Frau Zypries wäre das legal, aber in den FAQ von “Kopien brauchen Originale” heisst es:

“Ist eine analoge Kopie einer kopiergeschützten CD oder DVD erlaubt?
Bisher ist die Frage gerichtlich noch nicht geklärt, ob man das als Umgehung im weiteren Sinne werten kann. Denn wer auf die CD drauf schreibt „kopiergeschützt“, der will eben keine Kopie. Den analogen Ausgang zu verwenden ist zwar technisch kein Knacken, faktisch aber ein Umgehen.”
(http://www.kopien-brauchen-originale.de/enid/faq)

Das bedeutet eben: kaufe ich eine CD, die “kopiergeschützt” ist, deren “Kopierschutz” aber nicht wirksam ist (konkret: mein Mac merkt von dem “Kopierschutz” nichts) muss ich auch damit rechnen, mich trotzdem strafbar zu machen. Zwar ist der “Kopierschutz” nicht wirksam, aber man kann mir ja unterstellen, dass ich den ja nur umgehe, weil ich einen Mac verwende statt eines Windows-Rechners. Selbiges gilt bei der analogen Kopie – alles ungeklärt. Und diese unklare Situation müssen die Kunden ausbaden, denn die Rechteverwerter werden die Lage natürlich zu ihren Gunsten auslegen und interpretieren. Und welcher Privatmann hat die finanziellen Ressourcen in einem Fall mit aberwitzigen Streitwerten vor Gericht zu gehen? Das würde dazu führen, dass sich am Ende immer die Rechteverwerter durchsetzen – selbst wenn Gerichte zugunsten der Kunden entscheiden würden. So lange kein Kunde das finanzielle Risiko des Gerichtswegs eingeht wird auch kein Gericht entscheiden.
Ist das ein fairer Ausgleich, die Gesetze so unklar zu formulieren, dass nicht mal das Bundesjustizministerium – welches ja “Kopien brauche Originale” betreibt – sagen kann, ob analoge Kopien nun erlaubt sind oder nicht? Ist es fair, es den Kunden zu überlassen das Prozessrisiko zu tragen, um diese unklaren Formulierungen von einem Gericht klären zu lassen? Ich denke nicht.

Der von Ihnen angesprochene Auskunftsanspruch gegen Provider bei Rechtsverletzungen im Internet ist nicht Thema der Novelle des
Urheberrechts. Der Auskunftsanspruch ist in dem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums
vorgesehen, mit dem eine entsprechende EU-Richtlinie umgesetzt wird. Nach der Richtlinie muß bei Rechtsverletzungen im Internet ein
Auskunftsanspruch gegen Provider vorgesehen werden.

Nicht Bestandteil, aber trotzdem steht dieser Auskunftsanspruch nicht im leeren Raum. Es gibt da durchaus Berührungspunkte.

Nach dem Referentenentwurf zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums sind Auskunftsansprüche gegen
Dritte – wie z.B. Internet Provider oder Spediteure – sowohl bei erhobener Klage als auch bei Offensichtlichkeit der
Rechtsverletzung vorgesehen. Es soll eine Ermittlung des Rechtsverletzers mit zivilrechtlichen Mitteln ermöglicht werden, weil
Klagen gegen Unbekannt nicht möglich sind. Diese Regelung wird vor allem bei Urheberrechtsverletzungen im Internet relevant werden.

Warum sollen Klagen gegen Unbekannt nicht möglich sein? Bisher sind sie doch auch möglich! Und wer legt fest, was offensichtlich ist? Der Rechteinhaber? Der Provider? Müssen wir darauf hoffen, dass Provider sich hier mit Rechteinhabern anlegen in Zweifelsfällen und damit eine gerichtliche Klärung herbei führen? Ich denke, wir sind uns einig, dass wir darauf nicht hoffen brauchen…

Außerdem soll der Auskunftsanspruch gegen die Provider nur in Fällen gewerblichen Ausmaßes bestehen. Grundsätzlich besteht hierbei
ein “direkter Auskunftsanspruch” des Rechtsinhabers gegenüber dem Provider.

Und der Provider wird bei einer Anfrage die Daten raus geben – wie geschrieben: wer legt fest, was offensichtlich ist, wer legt fest, was gewerblich ist?

Gesondert geregelt ist allerdings der Fall, dass dem Dritten die Erteilung der begehrten Auskunft nur unter Verwendung von
Verkehrsdaten im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (TKG) möglich ist. Dies sind Daten zu den Umständen der Telekommunikation wie
Zeitdauer und Zuordnung zu eine/-m/-r Anschlussinhaber/-in. Zukünftig soll auch der Zugriff auf diese Verkehrsdaten unter engen
Voraussetzungen möglich sein. Da dem Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 Abs. 1 GG Verfassungsrang zukommt, muss der Auskunft aber eine
richterliche Entscheidung vorausgehen. Diese Anordnung ergeht auf Antrag des/der Verletzten.

Das würde alle betreffen, die z.B. eine Tauschbörse nutzen. Ein direkter Auskunftsanspruch bestünde also nur bei gehosteten Diensten wie Webservern. Da kann man die Daten des Verantwortlichen auch einfach per Whois-Anfrage heraus bekommen und wer diese Daten verschleiert, der hostet seine Seiten sicher nicht bei einem Provider in Deutschland – wozu also das alles? Damit wäre der gesamte Auskunftsanspruch doch überflüssig, weil es gar nichts an der aktuellen Situation ändern würde.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Bedenken gegen die Neuregelung der Urheberrechtsnovelle durch den hier skizzierten Rechtsrahmen etwas
abmildern. Ich denke, es ist ein guter Ausgleich zwischen den Rechten der Urheber/-innen und den Interessen der Verbraucher/-innen
gefunden worden.

Nein, ich frage mich immer noch, wo der Ausgleich bleibt:
1. Wer schützt die Verbraucher vor sog. “Kopierschutz”-Techniken, die die Sicherheit meiner Daten gefährden und im schlimmsten Fall meine Daten oder sogar die Hardware schädigen? Solche Techniken wurden bereits eingesetzt (Stichwort: SonyBMG-“Rootkit”). Entferne ich eine solche Software von einem Rechner, dann umgehe ich einen “Kopierschutz” und mache mich strafbar, vor allem, wenn ich dies im Rahmen eines gewerblichen Supports für andere mache. Wo ist hier der Ausgleich zwischen den Schutzinteressen der Urheber und der des Konsumenten? Haben Konsumenten keinen Anspruch, dass ihre Computer und Daten unter ihrer Kontrolle bleiben und nicht durch Dritte kontrolliert, ausgespäht oder zerstört werden?
2. Wo bleibt der Schutz der Kunden bei DRM-Systemen? Heute kaufe ich Musik online, per DRM geschützt – sobald aber der Anbieter seine Server abschaltet (sei es, dass der Anbieter pleite ist oder einfach neu verkaufen will) kann ich diese Musik nicht mehr nutzen. Ich könnte zwar einfach das DRM umgehen, aber dann mache ich mich strafbar. Ganz abgesehen vom Problem der Inkompatibilität der verschiedenen Systeme.

Und das Argument, man solle doch einfach nur noch Musik kaufen, die nicht durch DRM oder andere Techniken kopiergeschützt sind zieht einfach nicht: Musik ist keine austauschbare Ware wie Autos oder Brötchen.

Mit freundlichen Grüßen
Carsten Dobschat