Himmelherrgottsakrament, es passiert so vieles, über das ich hier schreiben wollte, ja müsste, da kommt echt keiner mehr hinterher. Aber irgendwann muss es raus, sonst platzt man. Wenn man zum Beispiel sieht, wie sich der Generalsekretär der CSU mitsamt seiner Partei von der Rechtsstaatlichkeit verabschiedet…
„Wie jetzt? CSU und Rechtsstaat?“ Gut, auch eine berechtigte Frage, ist ja nicht das erste Mal, dass es aus „christlich-sozialen“ Reihen verbale Totalausfälle gibt. Und J.B.O. haben das Motto der meisten CSU-Mitglieder in ihrem Song „Söderla“ (auf ihrem aktuellen Album) auch gut zusammen gefasst:
…von der Mitte zur Titte bis ganz rechts raus…
Anlass der aktuellen Entgleisung ist ein Tweet von Renate Künast:
Eine große Aufregung gab und gibt es um diesen Tweet, obwohl Frau Künast hier nichts weiter macht als ihren Job! Sie stellt die Frage, ob bzw. warum es keine andere Möglichkeit gab, als den Angreifer zu töten. Und diese Frage ist wichtig und sie muss in einem Rechtsstaat immer gestellt werden nach so einem Vorfall. Und es gehört zu ihrem Job als Mitglied des Bundestages, solche Fragen zu stellen, denn sie vertritt dort die Wähler, den Souverän dieses Landes, das Volk.
Auch ein Täter, egal welche Taten er begangen hat, egal was für ein menschlicher Drecksack er sein mag, ist und bleibt ein Mensch und hat als solcher unveräußerliche Menschenrechte. Zu diesem Menschenrechten gehört das Recht auf Leben. Wenn nun also im Verlauf eines Polizeieinsatzes in einem Rechtsstaat diese ultimative Menschenrechtsverletzung stattfindet, dann ist die Aufklärung der Frage, ob es keine andere Option gegeben hätte, ob die Tötung des Angreifers wirklich der einzige Weg war, weitere Opfer zu verhindern, eine zwingende Frage. Ein Land in dem diese Frage in so einem Fall nicht mehr gestellt wird, kann kein Rechtsstaat sein. Und ein Land, in dem Mitglieder von Regierungsparteien auf so perverse Art und Weise Stimmung machen gegen Menschen, die eine so selbstverständliche Frage stellen, ist auf dem besten Weg dahin, irgendwann kein Rechtsstaat mehr zu sein.
Auf die Kommentare unter diesem Beitrag will ich gar nicht näher eingehen, die sind kaum, höchstens noch in Nuancen, von den Kommentaren auf den Seiten von AfD, PEGIDA oder NPD zu unterscheiden.
Selbstverständlich kann man darüber streiten, ob es unbedingt geschickt von Renate Künast war, diese Frage quasi direkt im Anschluss an den Schuss und dann auch noch ausgerechnet bei Twitter zu stellen (Tipp: War es nicht, hat sie selbst gemerkt), aber sich hinzustellen und sie – wie Andreas Scheuer und die CSU – jetzt als „pervers“ zu bezeichnen und zu behaupten, sie würde sich auf die Seite des Täters stellen ist nicht nur ungeschickt, das ist einfach nur widerlich. Hier geht es der CSU doch nur darum Punkte und Beifall bei den Rechtsextremen zu sammeln. Von den ganzen Beschimpfungen und Beleidigungen, die auf Renate Künast seit diesem Tweet nun einprasseln mal ganz abgesehen. Aber diese ganzen Schwachmaten können sich ja nun hinstellen und sich rechtfertigen damit, dass ja eine „demokratische“ Partei wie die CSU ihre „Kritik“ teilen würde. Widerlich.
Niemand, der ernsthaft von sich behauptet, „mit beiden Füßen auf dem Boden des Grundgesetzes“ zu stehen, darf so reagieren, wie die CSU in diesem Fall. Wer auf diesem Boden steht, der vertraut auf die Ermittlungen der Polizei zu dem Fall, der muss keine Angst vor solchen Fragen haben, wie ungeschickt auch immer sie formuliert oder zeitlich gestellt werden. Wer der festen Überzeugung ist, dass die Polizei hier absolut richtig gehandelt hat und es für die Beamten vor Ort keine Alternative zur Tötung des Angreifers gab (übrigens etwas, das ich tatsächlich glaube), der muss nicht auf so widerliche Art und Weise auf Menschen losgehen, die einfach nur berechtigte und sogar zwingende Fragen stellen.
Himmelherrgottsakrament, wir leben in einem Rechtsstaat, in einer Demokratie, wie kann man sich als Politiker, als Partei, die Teil der Regierungskoalition ist, hinstellen und einerseits kritisieren wollen, was da in der Türkei gerade abgeht (schlimm und hat kaum etwas mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu tun) und gleichzeitig hier mit solchen widerlichen Aussagen Politik machen wollen?
Nein verdammt, ich bin auch kein Fan der Grünen und von Renate Künast, mir ist die Frau sogar ziemlich unsympathisch, obwohl ich sie nicht persönlich kenne, alleine aufgrund diverser Äußerungen von ihr in der Vergangenheit. Und ja, sowohl Timing, als auch Wahl des Mediums für ihre Frage waren denkbar dämlich, aber all das ändert nichts, aber absolut gar nichts, daran, dass ihre Frage berechtig war, es zu ihrem Job gehört solche Fragen zu stellen und es absolut keine Rechtfertigung gibt, sie für diese Frage zu beleidigen, zu beschimpfen oder so zu tun, als würde sie sich „auf die Seite des Täters stellen“.
Nur der Vollständigkeit halber hier noch zwei Beiträge zu dem Thema, die ich bereits bei Facebook geschrieben hatte:
[…] ja, gegen Renate Künast und die Grünen wurde und wird natürlich in dem Zusammenhang auch kräftig gehetzt. War […]