Die Überschrift im Spiegel ist schon sehr verharmlosend:
CDU-Chef Merz gibt Thorsten Frei Rückendeckung bei umstrittenem Vorstoß
Spiegel
Immerhin steht in der Dachzeile worum es Thorsten Frei und Friedrich Merz geht: Abschaffung des Asylrechts.
Denn um nichts anderes geht es, als die komplette Abschaffung des individuellen Asylrechts. Eines Rechts, das nicht zufällig nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen und in unsere Verfassung geschrieben wurde. Dieses Recht wurde schon 1993 massiv eingeschränkt und seitdem gibt es immer wieder neue Diskussionen und Bestrebungen es weiter einzuschränken. Oder eben, wie in diesem Fall jetzt, es ganz abzuschaffen.
Eines stimmt natürlich: Für viele Menschen, die unter das Asylrecht fallen würden, ist es unmöglich nach Deutschland der auch nur in die EU zu kommen, dafür kommen viele Menschen hierher, die zwar gute Gründe für eine Flucht haben, aber eben keinen Anspruch auf Asyl haben. Man kann nun darüber streiten, ob es fair ist, dass Asyl nur bei politischer Verfolgung gewährt wird und ob es nicht angebracht wäre auch Menschen aufzunehmen, die aufgrund von Armut, Hunger und vermehrt auch Klimaveränderungen (welche wir, also die Industrienationen, hauptsächlich zu verantworten haben) flüchten. Ist aber eine andere Diskussion und diesen Menschen ist mit einer Abschaffung des Asylrechts auch nicht geholfen.
Worüber man sich tatsächlich Gedanken machen kann: Warum gibt es keine Möglichkeit für Menschen Asyl bereits in Botschaften und Vertretungen Deutschlands (oder anderer EU-Länder) zu beantragen? Wird dann festgestellt, dass das Recht auf Asyl besteht, dann kann man diese Menschen doch in die EU einfliegen lassen. Wäre mit Sicherheit günstiger als sie über Wochen und Monate in Aufnahmeeinrichtungen unterzubringen und vor allem wäre es für die meisten wahrscheinlich deutlich weniger riskant für Gesundheit und Leben als erst eine Flucht.
Aber der Vorschlag von Frei dreht sich ja nun nicht darum verfolgten Menschen eine leichtere Möglichkeit zu geben, in Deutschland und der EU Asyl zu erhalten, es geht darum die Zahl der Menschen zu begrenzen, die zu uns kommen. 300.000 bis 400.000 pro Jahr sollen es dann sein, die direkt „im Ausland ausgewählt“ werden sollten. Ohne Garantie, dass solche Verfahren fairer wären, eher noch mit der Gefahr, dass dabei plötzlich ganz andere Kriterien als die akute Bedrohung von Menschen eine Rolle spielen könnten. Oder will jemand leugnen, dass ein solches Verfahren die Gefahr bringt, dass Menschen nicht danach ausgewählt werden, wie stark sie gerade durch die Verfolgung in ihrer Heimat bedroht sind, sondern möglicherweise dann Kriterien eine Rolle spielen wie die Ausbildung und die Eignung vorhandene Lücken in unserem Arbeitsmarkt zu füllen?
Natürlich müssen wir mit der steigenden Zahl flüchtender Menschen irgendwie umgehen. Und auch wenn man sich wünscht, dass wir alle Menschen aufnehmen könnten, egal ob sie vor politischer Verfolgung, Armut oder durch uns ganz maßgeblich verursachte Klimaveränderungen flüchten. Leider werden wir das nicht können. Statt dabei aber das sowieso schon stark eingeschränkte Recht auf Asyl weiter zu beschneiden oder gar ganz abzuschaffen, sollten wir darüber reden, wie wir die Gründe für eine Flucht reduzieren können, wie wir es schaffen andere Länder dabei zu unterstützen Geflüchtete aufzunehmen und zu versorgen und wie wir endlich die Erderwärmung bremsen!
Was definitiv nicht helfen wird ist eine Mauer – egal ob real oder virtuell – um Europa zu ziehen, denn auch das sollten wir in Deutschland doch gelernt haben: Irgendwann fällt jede Mauer. Wenn wir einfach weitermachen wie bisher, dann steigt die Zahl der nach Europa flüchtenden Menschen nur immer weiter. Was wollen wir dann machen? Den Wünschen diverser Politiker:innen der sog. AfD nachkommen und an den Grenzen auf alles schießen, was sich bewegt?
Vielleicht schaffen wir es ja langsam bei dieser und allen anderen Diskussionen mal nicht zu vergessen (oder zu ignorieren), dass wir alle Menschen sind und wir alle auf diesem einen Planeten leben und irgendwie damit und miteinander klar kommen müssen. Für alle Menschen müssen die Menschenrechte gleichermaßen gelten und wir haben auch keinen Ersatzplaneten, nicht einmal für die Menschen, die mehr Geld haben als viele Staaten.
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