Sagt mal, GenossInnen, geht’s noch?

Es fällt mir immer schwerer, weiterhin in der SPD zu bleiben. An dieser Stelle nun eine kurze Pause, an der es in einem Gespräch Kommentare gäbe wie „Jetzt erst?“. Alle fertig? Ja? Gut. Mein erstes Mal mit der SPD ist viele Jahre her, damals war ich noch im Juso-Alter, Kohl war noch Kanzler und die SPD war noch eine andere Partei. Irgendwie.

Dann war für mich vorbei mit der SPD, aus verschiedenen Gründen und spätestens mit Hartz IV sich „meine“ SPD so stark verändert, dass sie für mich auch nicht mehr wählbar war. Irgendwie gar nicht mehr so sozial. Nach einer ganzen Weile ohne Parteizugehörigkeit kam kam die Piratenpartei, frischer Wind, es sah richtig gut aus. Dummerweise haben wir uns nach und nach selbst zerlegt und so stand ich wieder ohne Partei da. Jetzt hätte ich natürlich sagen können: „Okay Dobschat, Du hast es probiert, das ist einfach nix für Dich mit Parteien“. Hätte ich mal sagen sollen. Aber angesichts des Rechtsrucks in Europa, angesichts von unzähligen Menschen, die sich von der AfD einlullen lassen, dachte ich stattdessen, dass ich da einen Beitrag leisten müsse, damit das nicht noch mehr ausartet. Und da schien mir die SPD die einzige Option zu sein. Das geringste Übel. Ich hatte meinen neuen Mitgliedsantrag nicht ohne Bauchschmerzen ausgefüllt, aber da war auch so was wie Hoffnung.

Aber seit der Bundestagswahl… echt jetzt SPD, liebe Genossinnen und Genossen an der Spitze dieser Partei, ist das wirklich ernst gemeint von Euch? Statt Erneuerung, statt echter Alternativen für dieses Land, fangt Ihr jetzt an der CSU nachzulaufen, welche wiederum der AfD dicht auf den Fersen ist? Ehrlich? Das soll auf einmal das größte Problem in unserem Land sein? Dass Abschiebungen möglichst ruhig und reibungslos ablaufen? Das ist also wichtiger als Digitalisierung, Zukunft der Arbeit und des Sozialstaats, bessere Bildung für alle, Erhalt des letzten Rests Natur, Klimawandel… alles nicht so wichtig, wie die Frage, ob und wann Menschen abgeschoben werden oder ob solche Menschen sich möglicherweise erdreisten ihre Abschiebung juristisch prüfen zu lassen? Dumme Sprüche von „Wir können nicht alle aufnehmen“ nachplappern statt über die wirklich wichtigen Themen zu sprechen?

Habt Ihr mal darauf geachtet, was da Sonntag in Berlin los war? 5.000 AfDer (oder auch nur 2.000) und 25.000 GegendemonstrantInnen (oder sogar 72.000) – und Euch fällt nichts besseres ein, als der kleineren Gruppe bzw. deren VortunerInnen nach dem Maul zu reden? Geht’s noch?

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Und was ist das Ergebnis dieser Politik? In Umfragen liegt die SPD gerade noch knapp mehr als ein Prozent vor der AfD. Ganz toll gemacht. Statt der Mehrheit, die nicht die AfD gewählt hat, zu zeigen, dass eine andere Politik möglich ist und wie die aussehen kann, wird die AfD gestärkt indem man sich von denen die Themen diktieren lässt. „Wir können nicht alle aufnehmen“ – ach was? Das fordert doch niemand ernsthaft und es käme auch niemand auf die Idee auch nur daran zu glauben, dass wir hier über 60 Millionen Menschen zusätzlich unterbringen könnten. Was soll dieser blöde Spruch? Statt sachlich an die Sache ranzugehen… Ja, in Bremen ist offensichtlich verdammt viel schief gelaufen und das muss aufgeklärt, geändert und im Fall von Straftaten juristisch verfolgt werden und es kann sicher nicht schaden, auch mal bei anderen Außenstellen Leute vorbei zu schicken, die sich das genauer anschauen, ob da alles korrekt läuft. Alles kein Ding, aber deswegen jetzt die Sprüche der AfD nachplappern?

Einer meiner wichtigsten Gründe für meine Rückkehr zur SPD war der Rechtsruck. Ich hatte wirklich die Hoffnung, die SPD würde sich deutlich dagegen stellen und dagegen arbeiten. Gerade die Genossinnen und Genossen in den Spitzenpositionen. Und was macht die Vorsitzende stattdessen? Rennt den „Themen“ nach, die die AfD ihr vor die Nase hält… Ich kann nicht für die Akzeptanz sprechen, die andere für irgendwas haben, aber bei mir persönlich mangelt es nicht an „Akzeptanz der Flüchtlinge“, dafür ist meine Akzeptanz gegenüber PolitikerInnen, die sich von der AfD die Themen diktieren lassen, inzwischen auf dem absoluten Nullpunkt. Und meine Motivation in einer Partei zu sein, deren Spitze sich aus solchen PolitikerInnen zusammensetzt… naja… ist offensichtlich, oder? Ich habe echt keinen Bock mehr darauf ?

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