Jeder dürfte die Trollerei in einem Weblog die letzten Tage aufgefallen sein. Und wer es nicht mitbekommen hat, der hat nichts versäumt. Um es kurz zusammenzufassen: hier wurde mal wieder quer durch Bloggersdorf getrollt, so vielen Bloggern wie möglich wurde ans Bein gepisst und man schmiss mit wilden Drohungen (Abmahnungen, Klagen) und Lügen um sich. Nichts wirklich neues, höchstens was den Umfang und die Deutlichkeit der Trollerei anging.
Die öffentlichen Reaktionen auf diese Provokation waren unterschiedlich: von gar nicht passiert bis hin zu richtig derben Artikeln. Ob und welche Reaktion die richtige war will ich nicht beurteilen – muss ja jeder für sich selbst entscheiden. Tatsache ist aber, dass auch Blogger, die öffentlich nicht Stellung bezogen haben nicht umhin konnten über das Thema nachzudenken und zu diskutieren. Wie ich schon mal erwähnte: sollte Sinn der Aktion wirklich nur das Staub aufwirbeln und Aufmerksamkeit gewesen sein, dann war die Aktion erfolgreich. Nicht gelungen, aber erfolgreich.
Abgeschlossen wurde die Aktion mit einem “Ällabätsch”-Eintrag: man habe die ganze Blogger-Gemeinde doch nur mal richtig verarschen wollen und das sei doch ein Erfolg gewesen und so weiter – alles nicht ernst gemeint, alles nur ein Witz. Soso. Witz? Nein, es bleibt, was es war: eine Trollerei. Hätte man wirklich den Bloggern einen Spiegel welcher Art auch immer vorhalten wollen, dann hätte es da bessere Möglichkeiten gegeben, die auch ohne Beleidigungen und Attacken unter der Gürtellinie ausgekommen wären. Nein, ein Troll bleibt ein Troll bleibt ein Troll, daran ändert auch nichts, wenn sich der Troll plötzlich als Hofnarr bezeichnet.
Aber leider sind jetzt einige Blogger dem Troll wirklich auf den Leim gegangen. Da liest man dann so Sachen wie man habe aus der Aktion was gelernt. Ja was haben wir denn neues gelernt? Ist es eine neue Tatsache, dass Blogger Menschen sind, die auch provoziert werden können? Nicht wirklich, oder? Oder hat man gelernt, dass es unter Bloggern bei Attacken immer mehr oder weniger Zusammenhalt gibt und es immer Blogger gibt, die auf Provokationen reagieren? Auch keine neue Information. Nein, da gab es nichts neues zu lernen, solche Provokationen und Attacken gab es immer wieder, das haben wir alle oft genug in unterschiedlich großem Umfang beobachten können. Und abgesehen davon: glaubt Ihr denn wirklich, dass das Ziel der Aktion war? Ja? Seid Ihr wirklich so naiv? Ausgerechnet Ihr? Wart Ihr nicht auch kräftig beim Austüfteln spannender Verschwörungstheorien ganz vorne mit dabei? Habt Euch überlegt, was die Initiatoren dieser Aktion noch so alles vorhaben könnten? Vor drohenden Abmahnwellen habt Ihr gewarnt, Dialer-Seiten vermutet und DOS-attacken auf Eure Blogs befürchtet. Und mit einem “Ups, war nur ein Witz” gebt Ihr Euch jetzt zufrieden, ja stellt Euch sogar auf die Seite des Trolls?
Aber es kommt noch besser. Man kann gar von “Dankbarkeit und Respekt” lesen, da wird “Erfolg für die neuen Ziele gewünscht”. Ja geht es noch? Auf den Leim gegangen trifft es hier nicht mehr, hier ist jemand in den Leimtopf gefallen – und zwar mit Anlauf. Fast schon spassig, dass man in diesem Weblog dann gleich daneben einen Beitrag findet, der erklärt, dass man die Anonymität im Netz nicht missbrauchen dürfe. Aber die Aktion der anonymen Trolle war okay? Für diese Aktion verdienen die sogar Dankbarkeit? Und Respekt? Und beste Wünsche für die Zukunft?
Und wenn sich die Trolle jetzt wirklich verbessert hätten, dann könnte man vielleicht ja mal anfangen zu überlegen einen Dialog aufzunehmen, aber nein, es geht munter auf dem bekannten Niveau weiter. Als erstes nach dem “April, April”-Beitrag wird ein durchaus diskussionswürdiges Thema (die Abmahnungen verschiedener Media Märkte gegen kleinere Händler) angesprochen. Aber die Art und Weise macht das absolut indiskutabel. Ähnlich wie vorher schon Beleidigungen mit Vergewaltigungen mindestens verglichen (wenn nicht gleichgesetzt) wurden, bringt man hier eine an den Haaren herbei gezogene Geschichte, die ich nicht mal wiedergeben will. Da wird versucht einen Zusammenhang herzustellen zwischen der Kritik der Blogger an den Abmahnungen und einen getöteten Kind. So weit unten gibt es nicht mal mehr Schubladen.
Und solchen Leuten wollt Ihr Dankbarkeit entgegenbringen? Respekt? Ja Ihr wünscht denen auch noch Erfolg? Ja und dann wundert Ihr Euch, wenn Sven zum Abschied seines Blogs keine besonders gute Meinung von Bloggern mehr hat:
Bloggersdorf ist verlogen und suhlt sich im vermeindlichen Antlitz seines Erfolges. Vereinzelte Blogger rühmen sich mit zweifelhaften Erfolgen,
brüllen in die Welt wie geil sie doch sind, aber letzenendes sind es genauso
kleine Hosenscheisser (Wichtigtuer) wie jeder andere auch!
Man kann viel an Sven und seinem Weblog kritisieren, er kam da laut polternd an, hat kräftig nach allen Seiten ausgeteilt – aber er hat das mit offenem Visier getan, er hat sich nicht versteckt und vor allem: er hat sich nicht innerhalb kürzester Zeit mehrfach mit dem Wind gedreht. Man kann ihm vieles vorwerfen, aber nicht, dass er nicht zu seiner Meinung und zu seinen Ansichten steht – weit mehr als man von manch anderem Blogger behaupten kann. Ja, man kann und muss natürlich die eigene Meinung hinterfragen. Man kann und soll auch Fehler bemerken und daraus lernen. Aber das ist was anderes als vor lauter Umfallen nur noch zu wanken.
Sven, jetzt mal an Dich: ich werde Deinem Wunsch aus meiner Blogroll genommen zu werden nicht nachkommen. Denn ich hoffe, dass Du wieder anfängst zu Bloggen. Die Blogospehre ist kein homogener Haufen, es ist eine Ansammlung von Individuen und ich lese lieber das Blog eines laut polternden Krawallmachers, der gerne und oft aneckt – aber auch dazu steht – als irgendwelche Kuschelblogger, die ständig im vermeintlichen Strom mitschwimmen und nicht den Arsch in der Hose haben, dazu zu stehen, was sie mal gesagt haben! Nur eins: arbeite ein wenig an Deiner Selbstbeherrschung und versuche Dich nicht mehr so leicht provozieren zu lassen.