Langsam wird es unübersichtlich bei den verschiedenen Varianten der Realitätsverweigerung, da fragt man sich dann schon häufiger, womit man es im Einzelfall zu tun hat: Pippi-Langstrumpf-Syndrom, Postfaktismus oder alternative Fakten?
Seit dem Wochenende sind wir um eine weitere Variante der Realitätsverweigerung reicher: alternative Fakten. Andere Menschen würden so was einfach ganz altmodisch „Lüge“ nennen, aber das Team von US-Präsident Donald Trump nennt so was lieber „alternative Fakten“. Ist das nun das gleich, wie das Pippi-Langstrump-Syndrom oder einfach eine neue Spielart der postfaktischen Welt? Ganz so simpel ist die Antwort leider nicht, denn die Übergänge sind da fliessend, hier mal ein Versuch der ungefähren Einordnung:
Pippi-Langstrumpf-Syndrom
Beim PLS werden Fakten durchaus als Fakten wahr genommen, jedoch passend zur eigenen Weltsicht interpretiert. Nehmen wir einfach das Beispiel der Vereidigung von Trump und die Besucherzahlen. Jemand mit PLS würde also durchaus zugeben, dass die Fotos der Veranstaltung und die verschiedenen Zählungen kleinere Zuschauerzahlen nahe legen, als bei der ersten Vereidigung von Präsident Obama. Aber selbstverständlich hat jemand mit PLS die perfekten Erklärungen dafür, zum Beispiel wären es böse Gegendemonstranten, Geheimdienste der NWO oder Echsenmenschen gewesen, die Millionen von Trump-Fans daran gehindert hätten, sich die Vereidigung anzuschauen.
Postfaktische Weltsicht
Bei der postfaktischen Weltsicht werden Fakten irrelevant. Jemand mit postfaktischer Sicht auf die Realität beschäftigt sich mit Fakten gar nicht. Fakten sind einfach nicht wichtig. Wieder am Beispiel der Vereidigung: „Ach was? Da waren weniger Menschen als bei Obama? Na das sagst du und diese Lügenpresse, aber es ist mir egal, ich glaube, was ich glauben will und lasse mich dabei von Fakten nicht beeinflussen.“ Sehr angenehm für die Vertreter der postfaktischen Weltsicht ist, dass sie sich keine Gedanken um Argumente machen müssen und sie auch nicht durch Fakten behelligt werden, sie ignorieren die Fakten einfach.
Alternative Fakten
Mit den „alternativen Fakten“ ist nun eine weiter Steigerung erreicht: Fakten werden hier nicht mehr interpretiert oder ignoriert, man setzt den Fakten einfach Lügen entgegen und bezeichnet diese Lügen dann als „alternative Fakten“. Das ist sprachlich natürlich sehr geschickt, schließlich wertet man eine Lüge deutlich auf, wenn man sie als Fakt bezeichnet, dazu noch als „alternativer“ Fakt, weil Alternativen zu haben ist ja immer gut. Wie das am Beispiel der Vereidigung abläuft, haben Trump, sein Pressesprecher und seine Beraterin gemeinsam sehr schön demonstriert.
Die fliessenden Übergänge zwischen diesen Varianten der Realitätsverweigerung machen die Einordnung im Einzelfall sehr schwierig, so dass man nicht sicher sagen kann, ob Donald Trump nun den Postfaktismus, sein Pippi-Langstrumpf-Syndrom oder einfach nur Lügen zum Grundsatz seiner Politik erhoben hat. Vielleicht sollten wir es abkürzen und gar nicht so sehr ins Detail gehen und einfach sagen:
Donald Trumps Politikstil ist das kackendreiste Lügen.
Und eigentlich hat Marina Weisband alles dazu gesagt, was es dazu zu sagen gibt:
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