Ich musste ja feststellen, dass Microsoft in den letzten Jahren bei seinen Anwendungen überraschend viel überraschend richtig macht. Office 365 bietet zwischenzeitlich tatsächlich eine ziemlich runde Lösung für die Arbeit. Nur Apples Mailprogramme wollen damit nicht so richtig spielen.
Bei Office 365 für Business sind ja auf Wunsch auch Exchange-Accounts dabei. Und das auch ziemlich konfortabel und man muss sich nicht selbst um einen Windows-Server kümmern, was die Lösung sehr viel angenehmer macht als einen eigenen Server. Eigene Server neigen ja dazu viel Arbeit zu machen und manchmal sehr viel mehr Arbeit, als man investieren will. So lange es nur um Mails geht, ist man mit einer Postfix/Dovecot/Sieve/Roundcubemail-Lösung ziemlich gut bedient, aber wenn Kontakte, Aufgaben und Kalender dazu kommen, macht es so richtig Arbeit und/oder kostet Geld.
Nachdem ich nun einige Jahre sehr viel Gelegenheit hatte ganz konkret Zimbra, G Suite und Office 365 in verschiedenen Größen nebeneinander im Einsatz zu erleben, zu administrieren und die Kosten zu vergleichen. Naja, was soll ich sagen, bei dem Vergleich schneidet Office 365 so richtig gut ab. Klar, es ist Cloud, kein eigener Server – wer also solche Lösungen ganzen grundsätzlich ablehnt, den interessiert kaum, dass Office 365 günstiger, zuverlässiger und mit deutlich weniger Aufwand verbunden ist, also ein eigener Zimbra-Server. ich fände es persönlich auch besser, wenn es anders wäre.
Nur Apples Mailprogramme gehen mir bei der Lösung tierisch auf den Sack. Das „Archivieren“ ist eine prima Funktion, die inzwischen wohl in allen Mail-Lösungen angeboten wird. Es handelt sich um eine definierten Ordner, in den das Mailprogramm auf Kommando eine Mail schmeisst und die Mail darf dann dort rumgammeln, bis man sie wieder braucht und dank Volltextsuche auch praktisch immer findet. Konfiguriert man den Office 365 Account jetzt als Exchange-Account auf dem Mac oder iOS-Gerät, dann erlauben es die Mailprogramme von Apple aber nicht – wie bei einem IMAP-Account – den Archiv-Ordner selbst zu bestimmen, sondern sie nehmen immer einen Ordner „Archive“. Dabei lassen sich Apple Mailprogramme auch nicht dadurch beeindrucken, dass der Exchange-Server hier explizit einen Ordner „Archiv“ für diesen Zweck vor hält, der sich auch nicht ändern lässt.
Das ist natürlich kein Problem, wenn man nur den einen Mail-Client benutzt oder neben diesem nur solche, die das freie Festlegen des Archiv-Ordners ermöglichen. Dann sollte man aber nie in die Verlegenheit kommen mal Outlook – und sei es die Webversion – nutzen zu wollen/müssen.
Nach dem Durchforsten verschiedener Foren und Support-Sites kann ich folgende Erkenntnisse festhalten:
- andere kennen das Problem auch
- eine echte Lösung hat keiner
- wirklich reproduzierbar ist es wohl nicht: entweder man ist betroffen oder halt nicht
Aber es gibt zumindest einen Workaround: Sowohl macOS als auch iOS/iPadOS erlauben es festzulegen, für welche Dienste man einen Exchange-Account nutzen will. Also hier einfach Mail (und Notizen) deaktivieren und eben den Account ein zweites Mal als IMAP-Account anlegen für Mail (und Notizen). Der IMAP-Server dafür ist outlook.office365.com und der SMTP-Server smtp.office365.com, Anmeldung mit Mailadresse und Passwort des Office 365-Accounts und fertig. Funktioniert und man kann Mail.app nun vorgeben, welcher Ordner für das Archiv zu nutzen ist.
Und bei der Gelegenheit: Man kann per IMAP auch geteilte Postfächer öffnen. Einfach einen neuen IMAP-Account anlegen und als Nutzernamen die eigene Mailadresse und daran dann ein „\“ und den Namen des geteilten Postfachs hängen. Aber nur für IMAP, die SMTP-Authentifizierung passiert dann wieder nur mit dem eigenen Account ohne Anhängsel. Also wenn ich die Ardesse „carsten@example.com“ habe und das geteilte Postfach „team@example.com“ per IMAP öffnen will, dann lauten die Daten für den Account:
- Benutzername IMAP: carsten@example.com\team
- Benutzername SMTP: carsten@example.com
- IMAP-Server: outlook.office365.com
- SMTP-Server: smtp.office365.com
- Passwort: das von carsten@example.com
Und natürlich kann man auch einen anderen Mail-Client nutzen, aber…
- Outlook überzeugt mich auf dem Mac so gar nicht im Umgang mit IMAP-Postfächern (die ich auch nutze),
- Airmail ist unter iOS mein Mail-Client der Wahl, auf dem Mac konnte ich mich nicht damit anfreunden,
- Canary Mail ist schön flexibel, war aber bisher unerträglich instabil (weiterer Test steht aus),
- Postbox ist verdammt nahe dran an dem, was ich mir wünsche, aber es fehlt dann halt doch an einigen Ecken, vor allem an einer macOS-Integration, die über die Möglichkeit hinaus geht, über das Teilen-Menü Dinge mit Postbox zu verschicken,
- Mail Pilot 3 ist immer noch eine Beta.
Und einige andere Mail-Clients hatte ich in der Vergangenheit auch probiert, die konnten mich aber nicht mal überzeugen, sie länger zu nutzen.
Artikelbild von Markus Spiske via Pixabay
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