Keine Privatkopien mehr?

Die Tagesschau meldet unter Berufung auf das Handelblatt das Ende der Privatkopie. Jetzt habe ich das Handelsblatt heute nicht gelesen und online gibt es den Artikel nur, wenn man gleich ein Abo abschliesst. Aber trotzdem ist es nicht ganz heftig, wie auch bei intern.de nachlesen kann.
Es ist wohl so, dass die Bagatellklausel aus dem Entwurf geflogen sein soll. Diese Klausel sollte verhindern, dass “die Schulhöfe kriminalisiert” werden. Es geht um das Umgehen eines “Kopierschutzes”, der zwar verboten ist, aber eben nicht bestraft werden sollte, wenn es sich um einzelne Vergehen im privaten Rahmen handelte. Wenn jetzt diese Bagatellklausel weg fallen sollte, dann bedeutet es eben, dass jedes Umgehen eines “Kopierschutzes” geahndet würde – die Staatsanwaltschaft hätte natürlich immer noch die Option ein Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen. Eine Privatkopie aber, d.h. eine direkte Kopie einer nicht mit “Kopierschutz” versauten CD oder jede andere Art der Kopie, bei der kein “Kopierschutz” umgangen wird (eben analog) wird davon nicht tangiert. Es werden ja auch weiterhin Abgaben auf Leermedien, Computer, Brenner, Festplatten, MP3-Player … fällig.
Was bedeutet das? Erst recht keine CDs mit “Kopierschutz” mehr kaufen. Und wenn es um den Online-Einkauf von Musik geht eben Musik ohne DRM zu kaufen (gibt ja durchaus noch ein paar Anbieter) oder abwägen, ob evtl. das DRM eines Anbieters für einen persönlich noch tragbar ist – ja, eigentlich sollte man DRM-verseuchte Musik komplett ignorieren, aber realistisch ist das ja nicht immer.
Ich persönlich werde auch in Zukunft nur Musik kaufen, die ich auf meinen Rechnern hören, auf meine iPods kopieren und auf CDs brennen kann – damit bleiben neben DRM- und “Kopierschutz”-freien Werken noch Songs aus dem iTMS. Zwar auch DRM-verseucht, aber zumindest treffen die Kriterien “Rechner”, “iPod” und “CD-R” zu…
Aber ganz ernsthaft: es wird immer weniger neue Musik, die ich mir kaufe. Ich muss ja auch – wie viele andere – ein wenig sparen und mal ganz ehrlich: bei über 100GB Musik (26.594 Songs) bzw. 4 Meter CD-Regale an der Wand im Wohnzimmer, da gibt es nicht mehr viel neues, was ich wirklich haben muss. Heute wähle ich genauer aus, welche CDs ich kaufe und auf welche ich eben verzichte.

Ach ja, zum Gejammer der IFPI über die schlechten Umsatzzahlen und die bösen Raubkopierer kann man interessantes im Bootsektorblog lesen, z.B. was der um 4,6% zurück gegangene Umsatz wirklich bedeutet:

Der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V. hat heute neue Zahlen veröffentlicht, um damit Eindruck auf die Öffentlichkeit und die Politik zu machen. Ganz vorne: Der Umsatz mit Tonträgern ist “nach Verbandsstatistik” gegenüber 2004 um 4,6% zurückgegangen, auf 1,5 Mrd Euro. Die Einschränkung “nach Verbandsstatistik” bedeutet, dass nur 86% aller Umsätze von Firmen gemacht wurden, die Mitglied im BdPW e.V. sind. Der Gesamtmarkt schrumpfte nämlich nur um 0,4% (auf 1,746 Mrd.), also haben unabhängige Firmen erheblich bessere Geschäfte gemacht, ihr Umsatzanteil stieg von 10 auf 14%. Wir fragen uns: was genau soll der Gesetzgeber hier tun? Milliardensubventionen für “Deutschland sucht den Superstar”?

Auch die Schlussfolgerung hat durchaus was:

Irgendwo hatte ich mal Zahlen, aus der Financial Times. Demnach arbeiten in der deutschen Tonträgerindustrie rund 5000 Leute. Was? So ein Witz! Soviele entlässt doch schon die Telekom im Vierteljahr! Einfach die deutschen Filialen von EMI, Universal, SonyBMG und Warner zumachen und Ruhe is’.

Ich wünsche natürlich niemandem, auch niemandem aus der Musikindustrie die Arbeitslosigkeit (zumindest die ungewollte 😉 ), aber bei dem Geschrei, dass um angebliche Milliardenverluste durch Raubkopien veranstaltet wird und bei der Gesetzgebung, die dem Gebrüll nachgibt fragt man sich wirklich, warum alle auf die Steinkohle-Subvention einschlagen – immerhin geht es da um fast 9 mal so viele Arbeitsplätze

Update: inzwischen hat die Tagesschau den Artikel leicht überarbeitet – und Marco hat in den Kommentaren auf eine Liste mit Download-Shops hingewiesen, die Musik ohne DRM verkaufen…