Fleddern

In einer der Firmen, in denen ich bisher schon gearbeitet habe war so ein Online-Rollenspiel absolut angesagt, so ziemlich alle haben das gespielt, oft noch Stunden nach Feierabend – der Zeitaufwand für die Nahrungsaufnahme in der Mittagspause wurde so weit als möglich reduziert. In diesem Spiel konnten die Spielfiguren auch sterben und in dem Fall haben die ihre gesamten Ausrüstungsgegenstände, wie Waffen, magische Artefakte und was es da so gibt an Ort und Stelle verloren. Andere Spieler konnten sich dann – falls sie schnell genug waren – daran bedienen. Und so kam es – was ruft der Kunde auch zur Mittagszeit an – dass ein Kunde aus dem Hintergrund jemanden rufen hörte: “Hey, da ist einer drauf gegangen, beeilt euch und lasst uns fleddern gehen!”. Die Versuche der armen Kollegin, dem Kunden zu erklären, was er da gerade gehört hatte wurden legendär. “Ach unser Büro ist direkt an einer stark befahrenen Kreuzung…” war bei diesem Erklärungsversuch ein ganz schlechter Einstieg, wirklich.
Das ist mir gestern wieder eingefallen. Beim Räumen des Ladens sammelten sich natürlich auch Sachen an, die nicht mehr verkauft werden konnten, aber deswegen ja auch nicht unbedingt weg geworfen werden sollten. Restliche Einzelstücke, Ausstellungsstücke aus dem Schaufenster, fertige Muster und jede Menge andere Sachen. Also wegschmeissen wollten wir sie nicht, der Abnehmer der anderen Waren, die noch übrig waren konnte die nicht nehmen, weil er sie nicht in seinem Sortiment hat – also verschenken. Wir haben dann vor dem Geschäft drei Verkaufskörbe aufgestellt und die Sachen so nach und nach da rein getan, dazu ein Schild mit dem Hinweis, dass man sich die Sachen eben mitnehmen könne. Und das haben die Leute auch gemacht und wie. Teilweise haben sie uns die Sachen schon aus de Hand gerissen, als wir sie raus gestellt haben, andere nutzten sofort die Gelegenheit, an uns vorbei in den Laden zu stürmen, in der Hoffnung, dass sie da auch alles raus tragen dürften (und was waren die enttäuscht, als sie hörten, dass das so eben nicht läuft). Teilweise waren echte Profis dabei: Tüte gefüllt, Tüte weg getragen und drei Minuten später mit neuer Tüte da. Dann immer das Geschäft genau im Auge behalten und sofort ran stürmen, sobald neue Sachen draussen sind. Zwischendrin immer mal über die Schaufenster rein schauen und genau gucken, was noch alles im Laden steht und vielleicht noch raus getragen wird.
Wirklich schwer dieses Schauspiel zu beschreiben (nein, es gibt keine Fotos)… auf jeden Fall musste ich dabei an die andere Fledder-Geschichte denken, irgendwie wirkte es teilweise wirklich so, als wäre da jemand durch die Strassen gerannt und hätte gerufen: “Hey, da ist einer drauf gegangen, beeilt euch und lasst uns fleddern gehen!

2 Comments

Das ist eines der Details, die ich an Nethack so mochte. Wenn man da die Leiche eines seiner frueheren Selbste traf, war in der Regel dreiviertel des zurueckgelassenen Inventars verflucht.

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