[Blogs] Solidarität in der Blogosphäre

Die Woche hat DonAlphonso in der Blogbar ein spannendes Thema gebracht: Solidarität in der Blogosphäre. Er gibt nicht viel darauf und ich muss ihm da durchaus recht geben:

Die sog. Solidarität ist ein Mythos aus alten Blogtagen, als es eine kleine Schar von Bloggern gab, die sich von aussen zumindest kritisch beäugt fühlte. Ich denke, der Höhepunkt der Solidaritätsbewegung war erreicht, als Transparency International gegen Moni vorgehen wollte, das sog. Moni-Gate. Da kamen tatsächlich einige Leute zusammen mit dem Entschluss, “denen” mal zu zeigen, was eine Harke ist. Das war der Höhepunkt, der grösste Erfolg, aber auch ein Wendepunkt.

Aber woran liegt es? Darüber habe ich mir schon so einige Gedanken gemacht und ich glaube es hat mehrere Gründe: einerseits stimmt es durchaus, dass die Blogosphäre gewaltig gewachsen ist, die Zahl an Blogs und Bloggern ist gewaltig – zumindest mal vom Standpunkt des einzelnen Bloggers aus gesehen. Relativ zur Gesamtbevölkerung dieses Landes st die Zahl der Blogger natürlich gering. Viele Menschen, viele Individuen, viele Meinungen. Früher™ gab es keine Diskussionen über Werbung in Blogs – die einen haben es gemacht, die anderen nicht – inzwischen könnte man meinen, dass wir es hier mit einem Glaubenskrieg um die reine Lehre zu haben. Es gibt Cliquen, teilweise ganz offen, teilweise aber auch nur von anderen als solche wahr genommen. Da wird es natürlich immer schwieriger eine wahrnehmbare Solidarisierung auf die Reihe zu bekommen. Wenn sich vor ein paar Jahren 100 Blogger entschlossen haben, jemanden zu unterstützen und über eine Aktion zu bloggen, dann war das gleich die halbe Blogosphäre. Heute sind 100 Blogger (wenn nicht gerade einer der A-Blogger dabei ist) unter Umständen zu wenig um auch nur ein wenig Aufmerksamkeit für eine Sache zu bekommen. Und dann ist da noch die Individualität: man überlegt sich in jedem Fall neu, ob und wie weit man sich an Kampagnen, Spendenaktionen oder was auch immer beteiligen soll. Diese Entscheidung hängt dann eben nicht nur vom Fall selber ab, sondern auch von den Betroffenen. Und zwar bei jedem einzelnen, keiner entscheidet wirklich objektiv, ob eine Sache die eigen Unterstützung wert ist oder nicht – die Sache kann noch so gut sein, es kann immer andere Gründe geben, sie nicht zu unterstützen.
Und auch nicht zu verachten: die Zahl der potentiellen Solidaritätsfälle ist massiv gestiegen – es vergeht doch schon kaum noch ein Tag, an dem nicht ein Blogger abgemahnt wird. Da gibt es die unterschiedlichsten Gründe: Meinungsäußerungen, Urheberrechtsverletzungen… Da fällt es schon schwer auf dem laufenden zu bleiben, von Solidaritätsbekundungen – sei es ein Eintrag im eigenen Blog oder eine Spende – ganz zu schweigen. Und grundsätzliche Bedenken gegen Spendensammlungen für Abmahnungsopfer sind auch vorhanden und auf jeden Fall auch begründet. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Also gibt es keine Solidarität? Doch, es gibt sie – aber sie wird inzwischen einfach häufiger und von mehr Menschen benötigt als noch vor zwei oder drei Jahren. Und damit wird die Mobilisierung relativ kleiner, selbst wenn sie absolut größer wird. 50 von 100 wirken ganz anders als 100 von 1.000. Dadurch reduzieren sich die Fälle, in denen einen Welle der Solidarität durch “alle” Blogs schwappt und es gibt mehrere kleinere Wellen, die eben nur durch einen Teil von Klein-Bloggersdorf rollen.

Aber egal, ob die Solidarität in der Blogosphäre nun einfach weg sein soll oder sie sich einfach mehr streut,  eins unterschreibe ich sofort: Solidarität ist etwas auf das man sich nicht verlassen sollte.

Was anderes, worüber ich auch noch länger nachgedacht habe war folgender Kommentar vom Don:

Fall Sixtus und Grimmepreis, und das Schweigen seines Netzwerks. Gibt es irgendeinen Adicalblogger, der das irgendwie seltsam fand, wenn ein Jurymitglied, das in einer Firma ist, die von zwei Ex-Preisträgern geleitet wird, nun selbst von der Jury zu den möglicherweise Ausgezeichneten wechselt – und das in einer Jury, in der nahe Bekannte von ihm sitzen?

ich habe nichts gesehen. Das ist Solidarität, weniger Feigheit, sondern mehr verständnis, dass er auch mal will. Ist ja auch gut für das Netzwerk, gell.

Man kann mir das nun glauben oder nicht, aber ich habe über diese Grimme-Preis-Sache wirklich erst nach diesem Kommentar nachgedacht. Klar, ich bin ja auch so einer aus diesem Netzwerk, aber auf der anderen Seite habe ich mit Mario bisher kaum mehr als zwei Hände voll Wörter gewechselt, in Berlin, bei der re:publica. Ich lese zwar sein Blog und ich weiss, dass er das Projekt “Elektrischer Reporter” macht, aber ich kenne es nicht wirklich. Beim Start mal rein geschaut, zu wenig Zeit, um die Filme in Ruhe zu sehen, vergessen. Und dieser Grimme Online Award interessiert mich gar nicht, warum auch? Dass Mario in der Jury war habe ich erst mitbekommen, nachdem er ausgestiegen ist wegen der Nachnominierung seines Projekts. Aber nach der Frage von Don habe ich mal ein wenig gelesen und mich informiert. Ja, auf den ersten Blick scheint es doch seltsam, wenn der Eindruck aufkommt, dass sich da jemand aus einer Jury selbst nominiert haben könnte, ganz unabhängig von irgendwelchen beruflichen Verbindungen zu Ex-Preisträgern oder privaten Kontakte, wobei ich letztere nicht kenne und sie mich auch nix angehen. Aber nachdem ich mir die Klarstellung von Uwe Karmann vom Adolf-Grimme-Institut durchgelesen habe bleibt da nicht viel von diesem seltsamen Eindruck. Laut der Darstellung hat sich Mario nicht selbst nominiert und hat die Jury sofort verlassen, nachdem sein Projekt von einem anderen Jury-Mitglied zur Nachnominierung vorgeschlagen wurde und weder mit über diesen Vorschlag diskutiert und auch nicht abgestimmt. Seltsam bleibt für mich nur das Verfahren als solches – wenn es schon eine eigene Nominierungskommission gibt, warum lässt man dann die Jury noch nachnominieren, die sollen doch entscheiden, welcher Nominierte gewinnt?

Aber wie schon geschrieben: das kann man mir glauben oder man glaubt eben lieber, dass ich bisher nicht aus mangelndem Interesse, sondern wegen meiner Teilnahme bei adical nichts dazu geschrieben habe.

 

3 Comments

Gibt es denn Solidarität unter Hobbyfotografen oder Briefmarkensammlern? Über die Verteidigung des eigenen Hobbys hinaus?
Warum also sollte es dann eine Pauschalsolidarität unter Bloggern geben?
Warum denkt jemand überhaupt, daß es so etwas geben könnte/sollte/müßte?

Sollte Blogger A etwa nur deshalb solidarisch mit Blogger B sein, nur weil beide bloggen? Und tagsüber streiten sie sich weiterhin, weil es vor dem Haus nur einen Parkplatz gibt? Aber des Nachts an der Tastatur solidarisch? 

Nee, nee, das wäre doch zuviel verlangt. Im Netz zeigt sich doch immer mehr das gleiche Sozialverhalten wie im echten Leben, gerade weil es jetzt schon so viele sind, trefen sich im Netz doch genau dieselben Leute (im übertragenen Sinn), die sich auch im echten Leben treffen – und warum sollten die sich da anders verhalten?
 
Homo Homini Lupus!

Jochen Hoff

Solidarität ist gelebtes Mitgefühl. Je größer eine Gruppe wird, desto weniger homogen ist sie. Es bilden sich Gruppen innerhalb der Gruppe die dann durchaus solidarisch sein können und es häufig auch sind.

Dem großen Rest geht das Thema dann einfach am Arsch vorbei.

Aber das ist nicht schlimm. Es kommt bei der Solidariät eben nicht auf die Menge sondern auf die Qualität an.

dobschat

@MaxR: Tjo… warum sollte es auch im virtuellen Leben anders sein als im realen? Aber Briefmarkensammler oder Hobbyfotografen sind nun auch seltener das Ziel von Abmahnungen wegen ihrem Hobby…

@Jochen: Danke für die Zusammenfassung smile

Comments are closed.