Über Twitter habe ich unterwegs mitbekommen, dass der Bundesvorstand der Piratenpartei nun eine Entscheidung zu Bodo Thiesen getroffen hat:
Der Bundesvorstand der Piratenpartei hat in seiner Telefonkonferenz am 16. Juli 2009 beschlossen, das Parteimitglied Bodo Thiesen seines Amtes als Ersatzmitglied des Bundesschiedsgerichtes zu entheben. Weiterhin wird ihm zunächst befristet bis Ende September 2010 die Befähigung aberkannt, erneut für ein Parteiamt zu kandidieren. Dies wurde vom Bundesvorstand einstimmig beschlossen.
Soweit finde ich das okay so und auch angemessen. Ist ein deutliches Zeichen und lässt keine Zweifel darüber, dass diese alten Äußerungen von Bodo nicht im Sinne der Partei sind und dass die bisherigen Stellungnahmen von ihm nicht ausreichend waren.
Der Bundesvorstand beantragt ferner beim zuständigen Schiedsgericht den Ausschluss von Bodo Thiesen aus der Piratenpartei, weil er sich vorsätzlich parteischädigend und satzungswidrig verhalten hat. Dem Antrag auf Parteiausschluss stimmten fünf der sieben Vorstandsmitglieder zu.
Hä? Womit hat er sich denn nun noch parteischädigend und satzungswidrig verhalten? Die alten Aussagen können nicht gemeint sein, denn zum Zeitpunkt der Äußerungen gab es noch keine Piratenpartei und es gab ja für die Sache schon eine Ordnungsmaßnahme. Und soweit mir bekannt ist, hat er sich zwar nicht in der Form von seinen Äußerungen distanziert, wie wohl nicht nur ich es mir gewünscht hätte, aber wiederholt hat er sie auch nicht? Was soll das neue vorsätzlich parteischädigende Verhalten gewesen sein? Seine Kandidatur für das Amt eines Ersatzrichters am Schiedsgericht? Sicherlich eine dumme Idee, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er in der Absicht kandidiert hat, mal so richtig Ärger für die Partei zu provozieren (und ihm das zu unterstellen fände ich schon sehr arg weit hergeholt). Etwas anderes? Die sehr unbefriedigende Stellungnahme? Reicht das? Oder geht es nur darum, dass nach dem ganzen Ärger einfach „ein Kopf rollen muss„? Finde nur ich das überzogen?
In der ganzen Diskussion um die Sache kam öfter mal das Argument, jede Partei hätte so „ihre Spinner„, die aber eben nie in Ämter kommen, gerne und reichlich anecken und was auch immer. Bisher bin ich der Meinung, dass Bodo zu dieser Gruppe gehört und daher denke ich auch, dass Amtsenthebung und Unwählbarkeit genug wären… Mal schauen, wie das Schiedsgericht entscheiden wird oder ob und wie Bodo selbst auf die Maßnahmen des Parteivorstands reagieren wird.
Aber Du hast schon mitbekommen, dass im Wiki bei seiner Stellungnahme vom 12.05.09 „ist meine Meinung“ steht, also nix distanziert und Du hast auch „meine politischen Forderungen“ gelesen?
@Derrk
Ja, ich kenne die Stellungnahme, die finde ich auch nicht wirklich prickelnd, aber weder kann ich in den mir bekannten Zitaten eine Holocaust-Leugnung finden (nicht, dass ich seine damaligen Aussagen für gelungen halte, im Gegenteil, aber eine eindeutige Leugnung konnte ich bisher nicht finden) und es gibt ja auch die – leider wie eine Pflichtübung wirkende – Distanzierung vom 8.7.2009.
Und was seine politischen Forderungen angeht: welche genau meinst Du? Ich habe da so einen Verdacht, aber ich wüsste es gerne genau, welche der Forderungen Du meinst.
Kurze Verständnisfrage, da ich ja nicht alles verfolgen kann: Wurde er damit jetzt ausgeschlossen oder nicht?
Ansonsten halte ich die Amtsenthebung vorerst für absolut ausreichend. Einen Ausschluss sollte man wirklich erst in Betracht ziehen, wenn es keinerlei andere Möglichkeiten zum Schutz der Interessen aller anderen Parteimitglieder gibt. Zumal kontroverse Persönlichkeiten tatsächlich überall vorkommen und das Parteigeschäft ein wenig beleben.
(Warum hast Du eigentlich keine Email-Option für Kommentare oder einzelnen Kommentar-Feeds? Wäre um einiges angenehmer.)
@Florian
Nein, ausgeschlossen wurde er nicht, es wurde aber ein Ausschlussverfahren begonnen, an dessen Ende möglicherweise der Parteiausschluss steht.
Und was die Mail-Option angeht: ja, steht auf der Liste, Du bist nicht der erste, der fragt :) Kommt.
[…] mich Florian wieder daran erinnert hat, habe ich eben “Gurken Subscribe to Comments” installiert. Damit kann man sich beim […]
Okay, also gibt es noch die Möglichkeit in den Prozess einzugreifen. Das halte ich erstmal für wichtig. Tendenziell ist der Anstoß des Verfahrens bereits harter Tobak und mehr als ein deutliches Zeichen. Die Frage ist natürlich was innerhalb des Verfahrens passiert. Ich denke nicht, dass Bodo das unkommentiert stehen lassen wird und ebenso wenig einige andere. Wenn er dessen Bedeutung begreift, wird er vielleicht drüber nachdenken. Tut er es nicht, fällt er einfach mal aufs Maul.
Es wird zum Diskurs kommen und der wird in jedem Fall nicht ebenso vom Tisch gewischt. Unabhängig vom Ausgang und der Betrachtung von außen ist der Prozess sehr wichtig für die interne Positionierung. Und dafür, dass Leute sich über so etwas ein paar Gedanken machen. Ich bin gespannt was sich daraus entwickeln wird.
Der Erfolg bei der Europawahl scheint in der Piraten-Partei nun für mächtige Wellen zu sorgen. Verständlich, schließlich muss sich jeder Funktionär gut positionieren, sollte eine der nächsten Wahlen mal zu verwertbaren Erfolgen führen. Ist in jeder anderen Partei ja genauso..
Leider haben diese internen, aber öffentlich ausgetragenen Machtspielchen zur Folge, dass Sympathisanten wie ich auch die Piraten-Partei für schwer wählbar halten.
@Florian Fiegel
Na ich hoffe doch, dass alles, was bisher schon lief zum „Gedanken machen“ geführt hat und es nicht erst jetzt anfängt ;)
@L-Roy
Hm, ich denke es ist ein bisschen mehr als nur die Positionierung von Funktionären. Die „Aussenwirkung“ solcher Diskussionen ist bei keiner Partei besonders positiv, bei der PP sind aber praktisch alle Diskussionen sofort öffentlich: es gibt öffentliche Mailinglisten, Wiki, Blogs… und überall sind eben auch Nicht-Mitglieder mit dabei. Eine rein interne Diskussion ist bei den Piraten gar nicht möglich aber (zumindest bisher) auch nicht gewollt.
Das ist ein imo mehr als verblueffendes Statement. Wenn die PP eins den anderen Parteien voraus hat, dann wohl, dass sie solche Konflikte eben transparent im Netz fuehrt und eben auch aushaelt. Das ist in meinen Augen die ganz grosse Staerke der Organisations- und Kommunikationsform.
Ohne solche Prozesse funktioniert gar keine Parteiarbeit. Nur finden sie normalerweise im Hinterzimmer oder sonstwie von hinten durch die Brust ins Auge statt, und eben daraus resultiert der Filz, den man sonstwo hat. Ich glaube, wenn die PP Waehler dadurch verliert, dass Leute sagen, dass sie eine zu transparente Partei sind, dann macht sie was richtig und spricht genau ihre Zielgruppe an.
@L-Roy
Welche Machtspielchen? Also bisher geht es nicht um Macht, sondern immer um konkret bestehende Probleme. Wenn Du davor als Sympathisant zurückschreckst, kann ich das bis zu einem gewissen Grad verstehen. Bzgl. Öffentlichkeit: m.E. nach einer der wichtigsten Punkte im Parteiprogramm: Gläserne Politik. Zum einen fängt die immer in den eigenen Reihen an und zum anderen ist es wichtig um eben auch allen ein Bild darüber zu ermöglichen ob sie diese Partei wählen wollen oder eben nicht. Nicht wie bei eben jenem Filz von dem @Korrupt spricht.
@dobschat
Argh verklickt …
@dobschat
Ich denke, dass es bei vielen schon einen Prozess angestoßen hat. Aber es gibt immer noch das ein oder andere was noch nicht bedacht wurde oder eben den ein oder anderen der da immer noch mit entsprechender Lautstärke Zensur in den eigenen Reihen anprangert und sich aus allem raushalten will. Das ist für mich noch nicht der Beginn eines solchen Prozesses. Vielleicht sammelt man diese Leute auch noch ein und kann zumindest eine Position finden mit der sich tatsächlich alle identifizieren können.
Ich hab genauso verdutzt geguckt, wie du, als ich das Statement der Parteiführung gelesen habe.
Das mit dem Parteiausschluss wird wohl nach hinten gehen, da ich nirgends den Vorsatz erkennen kann, der ihm vorgeworfen wird.
Und den muss man ihm erst mal nachweisen, was wohl schwer werden wird.
Verdrossenheit, du hast mich wieder…
Mein kurzer Ausflug in das interessante Feld der Politik hat einen herben Schlag erlitten. Ich musste feststellen, dass die neue Lieblingspartei im politischen Alltag angekommen ist. Das war ja auch der Plan, aber ich hatte den Plan so verstanden, dass…