Jetzt habe ich es doch getan, eine Mail an Elke Ferner geschrieben, die SPD-Abgeordnete für unseren Wahlkreis. Eigentlich dürfte es sie nicht interessieren, das und warum sie bei der nächsten Wahl mindestens zwei Direktstimmen weniger haben dürfte (wir empfanden sie zu dem Zeitpunkt als das kleinere Übel, für eine Zweitstimme für die SPD hat es aber damals schon nicht mehr gereicht), aber nachdem ich ihre Erklärung zu ihrem Abstimmungsverhalten gelesen habe, musste das einfach raus… Wenn ich diese Geblubber von SPD-Abgeordneten lese, dann steigt in mir ein Brechreiz hoch, den ich sonst nicht mal mit drei Flaschen Wodka erreiche. Besonders brechreizerregend ist in diesem Fall dieser Absatz:
Schließlich bleibt bei der Abwägung der Zustimmung zu diesem Gesetz auch
der Umstand zu berücksichtigen, dass die entsprechende Sperrinfrastruktur
aufgrund der abgeschlossenen Verträge zwischen BKA und Internetprovidern
bereits aufgebaut wird. Diese Verträge beinhalten keinen hinreichenden
Grundrechtsschutz und verfahrensrechtliche Sicherungen und sind deshalb
höchst problematisch. Ich sehe es als meine Pflicht als Abgeordnete an, solche
weitgehenden, intransparenten und verfassungsrechtlich schlicht unzulässige
Verträgen zu Lasten Dritter durch eine gesetzliche Grundlage abzuschwächen
und ihre negative Wirkung zu reduzieren.
Will die uns für blöd verkaufen? Hält die ihre Wähler tatsächlich für lobotomierte und grenzdebile Volltrottel, die nicht von 12 Uhr bis Mittag denken können? Sie schreibt selbst, dass die Verträge „verfassungsrechtlich schlicht unzulässig“ seien – ja wie ungemein bescheuert muss man sein, um das als Begründung zu verwenden, ein Gesetz zu machen, das genau den Inhalt dieser verfassungsrechtlich schlicht unzulässigen Verträge zum Inhalt hat? Wird das nun das neue Vorgehen des Bundestags? Ein Minister macht Verträge, die nicht mit bestehenden Gesetzen vereinbar sind und statt gegen die Verträge vorzugehen, werden diese als Vorlage für ein neues Gesetz genommen? Geht’s noch? Wer ist denn hier der Volltrottel?
So, und jetzt noch eine eMail an die Bundestagsverwaltung, mal nachfragen, an welche Adresse ich den Artikel 5 aus meinem Grundgesetz schicken soll…
Kleines Update, da inzwischen ein paar Menschen Teile des Beitrags an anderen Stellen gelesen und auch schon welche nachgefragt haben: der Text oben ist nicht meine Mail an Elke Ferner, sondern nur, was mir so ganz persönlich durch den Kopf geht und nein, in meiner Mail an Elke Ferner habe ich die Worte „grenzdebil„, „lobotomiert“ und „Volltrottel“ nicht verwendet und auch sonst habe ich diese Mail doch sehr sachlich formuliert. Sagt auch meine Frau, in deren Namen ich diese Mail ja schließlich auch geschrieben habe. Und nein, ich werde die Mail hier nicht als Vorlage für andere veröffentlichen, wenn Ihr Euren Abgeordneten schreiben wollt, dann schreibt selbst etwas. Gerade weil die Damen und Herren Abgeordneten sehr oft meinen, dass sie uns mit Textbausteinen abspeisen könnten, müssen wir ihnen doch nicht auch noch die Begründung dafür liefern, indem wir ihnen ebensolche Textbausteine als Fragen schicken, oder?
Und noch ein zweites Update: ganz offensichtlich handelt es sich bei der oben zitierten Stelle aus der Erklärung von Frau Ferner um einen Textbaustein, der wohl von allen SPD-Abgeordneten verwendet wurde, die es nicht fertig gebracht haben, selber zu denken. Unter anderem auch Frau Lale Akgün hält ihre Wähler für lobotomierte und grenzdebile Volltrottel oder hat die von ihr verwendete Erklärung selbst nicht gelesen. Ebenfalls Frau Gabriele Hiller-Ohm verkauft ihre Wähler für blöd und bezeichnet diese Erklärung zum Abstimmungsverhalten als „Persönliche Erklärung“.
[…] Seit einiger Zeit schwirrt mir ein ganz anderes Stoppschild im Kopf herum. In der Art “STOPP – Dieser Abgeordnete war am 18.06.2009 dabei, bitte nicht mehr wählen”, als Aufkleber, so 25×25cm groß, passend eben für Wahlplakate der entsprechenden Direktkandidaten. Vielleicht könnte man ja so ein paar mehr Leute auch in der Offline-Welt davon überzeugen, “ihre” Direktkandidaten nicht mehr zu wählen. […]
Da haut es mir aber auch die Synapsen großflächig raus.
Ich stelle mir so eine Argumentation beim Thema Folter vor:
„Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Waterboarding ist wirklich eine unerträgliche Sache und verstößt offensichtlich und massiv gegen die Menschenwürde.
[Einwurf des Innenministers Dr. Schäuble: „Isch gar nich wahr“]
Deshalb muss man dieses Thema in einen gesetzlichen Rahmen gießen, damit endlich wieder Recht und Ordnung herrschen. Der Wildfolterei muss Einhalt geboten werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.“
[Applaus]
Schön auch der Satz: …eine Ausweitung der Sperrinfrastruktur für andere Zwecke für mich grundsätzlich ausgeschlossen ist“. Man beachte das grundsätzlich. Jeder, der mal Jura studiert hat, weiß, was grundsätzlich bedeutet. Es gibt mit Sicherheit Ausnahmen.
[…] Dobschat: […]
[…] der Saarbrücker Blogger Dobatsch nun feststellte, hat die Abgeordnete eine wirklich plausible Erklärung für die Zustimmung zu dem Gesetz: […]
[…] Inishmore schreibt mir: „Freunde und Politikerwahnsinnsgeplagte, nachdem ich beim Kollegen Dobschat den neusten Begründungsbrüller der SPD in Sachen Netzsperren lesen durfte, bin ich auf dieses […]
Die viel größere Lücke in ihrer „Argumentation“ ist doch, dass die Verträge nur mit Blick auf das kommende Gesetz geschlossen wurden, d.h. hätte es das Gesetz nicht gegeben, hätte ein Provider nach dem anderen die Veträge gekündigt.
@Inishmore Ja, so in etwa würde es wohl aussehen, wenn diese Argumentation in Zukunft öfter verwendet werden sollte… :(
@Ben hier möchte ich Frau Ferner – und auch den anderen, die diese Begründung bringen – zugute halten, dass es eben nicht wirklich sicher gewesen wäre, ob die Verträge hinfällig gewesen wären bzw. gekündigt worden wären oder ob von der Leyen und ihre Freunde bei BILD & Co. nicht eine Kampagne gegen diese Provider gefahren hätte… und im Gegensatz zu Politikern und Parteien erwarte ich von Wirtschaftsunternehmen nicht, dass sie dem Gegenwind solcher Schmutzkampagnen dauerhaft standhalten. Politiker sollten so was aber abkönnen, ach was, die müssen das.
[…] so viel aufregen. Aber wenn man dann die Begründung von Elke Ferner zu ihrem Abstimmungsverhalten liest, oder die Forderung von Sachsen-Anhalts Justizministerin Annette Kolb nach europaweiten Websperren […]
[…] Zitat stammt übrigens aus einer Antwortmail an Dobschat . Mehr muss ich hier eigentlich gar nicht schreiben und belasse es hier mit auf dabei, und sage Gute […]
[…] Ferner (MDB) meint, dass man ein verfassungswidriges Verhalten, wie die Netzsperren, doch besser in Gesetzesform fassen sollte. Verwandte Themen:Burda und T-Online Venture Fund steigen bei Sevenload.com […]
[…] Carsten Dobschat bin ich auf folgende Aussagen von Abgeordneten gestoßen die diese im Rahmen einer […]
och, google findet da auf anhieb noch mehr:
http://www.gabriele-loesekrug-moeller.de/content/98110.php
http://www.reinhold-hemker.de/index.php/berlin/aktuelles/83-erklaerung-zur-abstimmung-zum-zugangserschwerungsgesetz
Ich tippe auf Monika Griefahn als Verfasserin.
[…] ganz offen, frech und ohne Scham ins Gesicht. Offenbar haltet Ihr uns tatsächlich für lobotomierte Volltrottel. Und nicht nur, dass Ihr uns anlügt, Ihr tut das auch noch organisiert mit Standardtexten, die […]
[…] Mehr für meine sozialdemokratischen Leser I Mehr für meine sozialdemokratischen Leser II […]
@Karsten mein Reden, aber die SPD sieht das wohl anders…
@kluelz wer auch immer Verfasser/Verfasserin dieser Standarderklärung ist, für mich persönlich ist jeder Abgeordnete, der/die diese Erklärung (gar noch als „persönliche Erklärung“) seinen Wählern verkaufen will absolut unwählbar…
[…] Dobschat aus Ferners Wahklreis meint dazu: Will die uns für blöd verkaufen? Hält die ihre Wähler tatsächlich für lobotomierte und […]
[…] Carsten Dobschat hinterfragt diese Scheinargumentation: Will die uns für blöd verkaufen? Hält die ihre Wähler tatsächlich für lobotomierte und grenzdebile Volltrottel, die nicht von 12 Uhr bis Mittag denken können? Sie schreibt selbst, dass die Verträge “verfassungsrechtlich schlicht unzulässig” seien – ja wie ungemein bescheuert muss man sein, um das als Begründung zu verwenden, ein Gesetz zu machen, das genau den Inhalt dieser verfassungsrechtlich schlicht unzulässigen Verträge zum Inhalt hat? Wird das nun das neue Vorgehen des Bundestags? Ein Minister macht Verträge, die nicht mit bestehenden Gesetzen vereinbar sind und statt gegen die Verträge vorzugehen, werden diese als Vorlage für ein neues Gesetz genommen? Geht’s noch? Wer ist denn hier der Volltrottel? […]
@GabiHillerOhm hat mir auf Nachfrage gegenüber erklärt, dass die Erklärung von Monika Griefahn stammt.
Ich sag nur: Was nicht passt, wird passend gemacht!
@Jens Matheuszik von der Monika Griefahn, die gar nicht an der Abstimmung teilgenommen hat? Also die Monika Griefahn, die nicht an der Abstimmung teilgenommen hat, erklärt für sich und andere Abgeordnete, warum sie bei der Abstimmung, an der sie nicht teilgenommen hat, dafür gestimmt hat? Junge, junge, ich fürchte irgendwer nimmt hier schlechte Drogen ;)
Naja, der Herr Dörmann hat fast eine gleichlautende Formulierung, allerdings ein wenig angepasst zum Beispiel hier verwendet:
http://www.abgeordnetenwatch.de/martin_doermann-650-5491–f195034.html#q195034
[…] passende Antwort zur Textbausteinchenoffensive der Abgeordneten der Umfallerpartei hat der Dobschat. Via fefe. Via lawblog. Die halten uns doch alle für […]
@dobschat Faszinierend, das von Monika Griefahn wußte ich gar nicht.
@Reinhard Sander Na immerhin stellt er sich nicht so blöd an und bezeichnet die Verträge im gleichen Satz als verfasungsrechtlich unzulässig, in dem er erzählt sie würden eh umgesetzt werden… dafür lügt er (oder hat keine Ahnung, was er da verhandelt hat)…
@Jens Matheuszik
http://www.hatmeinabgeordneterfuernetzsperrengestimmt.de/ :)
Er hat dafür gestimmt….
Er hat natürlich für das Zugangserschwerungsgesetz gestimmt.
Ich hab ihm mal eine Mail geschrieben, was ich davon halte. Mal sehen, ob er auch mit Textbausteinen wirft (siehe auch hier) und sich mit hanebüchenen Unsinn rausredet. Ich halte diesen kr…
Ich habe meinem Abgeordneten auch geschrieben, sehr sachlich und argumentativ. Meine Frau ist selben Ortsverein wie ebendieser, will heißen, er kennt mich sogar über Ecken … lange Rede kurzer Sinn … ich habe nicht einmal eine Antwort erhalten, keine Reaktion at all. Das ärgert mich ungemein. Da bist du schon fast gut dran!
[…] Carsten Dobschat hinterfragt diese Argumente: Will die uns für blöd verkaufen? Hält die ihre Wähler tatsächlich für lobotomierte und grenzdebile Volltrottel, die nicht von 12 Uhr bis Mittag denken können? Sie schreibt selbst, dass die Verträge “verfassungsrechtlich schlicht unzulässig” seien – ja wie ungemein bescheuert muss man sein, um das als Begründung zu verwenden, ein Gesetz zu machen, das genau den Inhalt dieser verfassungsrechtlich schlicht unzulässigen Verträge zum Inhalt hat? Wird das nun das neue Vorgehen des Bundestags? Ein Minister macht Verträge, die nicht mit bestehenden Gesetzen vereinbar sind und statt gegen die Verträge vorzugehen, werden diese als Vorlage für ein neues Gesetz genommen? Geht’s noch? Wer ist denn hier der Volltrottel? […]
Manueller Trackback:
Juni 2009 im Kontext – Der weite Weg nach Digitalien
http://hyperkontext.at/weblog/artikel/juni-2009-im-kontext/#h213-der-weite-weg-nach-digitalien
[…] In verständlicher Erregung darüber schreibt Carsten Dobschat über seine Abgeordnete Elke Ferner: […]
[…] zu doof für ihren Job oder hält sie uns – das Wahlvieh – für dämlich genug (”lobotomierte Volltrottel” eben), dass man uns jede Lüge servieren kann? Oder gibt es noch eine dritte […]
[…] hat beschlossen, dem Leyen-Gesetz zuzustimmen, weil man Angst vor der BILD hatte. Dazu dann noch eine reichlich dämliche Begründung einiger SPD-Abgeordneter, warum man diesem Gesetz zustimmen musste. Nein, ich glaube nicht, dass so […]
[…] Ne, wirklich nicht, die konnte ich nicht mal als “kleineres Übel” wählen, das hat sie sich mit ihrem Abstimmungsverhalten echt versaut. Vielleicht schafft es ja doch die Kandidatin der […]