Nein, nachts noch Blogbeiträge schreiben ist keine gute Idee, irgendwann werde ich es mir merken. Hoffentlich. Eigentlich war der Beitrag auch viel zu kurz und viel zu viel habe ich gar nicht erwähnt. Zum Beispiel der von Wolfgang erwähnte Punkt:
Wer geht, überlässt den Kostümpiraten rund um Koenig ein tolles Programm, das dann nur noch binäre Esoterik werden wird! #piraten
Auch darüber habe ich nachgedacht. Und es stimmt im Prinzip auch, für das „Aber“ muss ich etwas ausholen. Für mich persönlich hatte ich einmal festgelegt, dass ich keine Karteileiche in einer Partei sein wollte. Wenn ich Mitglied einer Partei wäre, dann um da aktiv auch mitzumachen. Das hatte ich im Falle der Piraten tatsächlich schon relativiert, denn was die Zeit für die Mitarbeit angeht, sah es bei mir recht schnell recht schlecht aus. Mehr als ein paar Demos und im Wahlkampf ein Infostand in Saarbrücken war nicht drin. So ist das nun mal mit persönlichen Lebensumständen: Meistens ändern sie sich unerwartet und ganz anders als geplant. Das war das erste Mal, dass ich darüber nachgedacht hatte „von Bord zu gehen“, einfach aus Zeitmangel. Da hatte ich mich dagegen entschieden, einfach weil ich die Partei zumindest finanziell weiter unterstützen wollte. Und irgendwo war da auch noch die Hoffnung, dass sich vielleicht neue Änderungen bei mir ergeben könnten und ich wieder die Zeit hätte…
Als passives Mitglied einer Partei ist es aber – zumindest für mich – automatisch wichtiger, wie diese Partei da steht, wie diese Partei in der Öffentlichkeit wahr genommen wird und welche politischen Aussagen der Partei und ihrer Vertreter die Runde machen. Das mag man „Fähnchen im Wind nennen“, ich persönlich denke aber, dass ich in dem Punkt sehr leidensfähig war lange hinter der Partei stand. Egal ob es ein Interview mit der Jungen Freiheit war oder „seltsame“ und „merkwürdige“ Aussagen von einzelnen Vorstandsmitgliedern. Auch das teilweise arg unprofessionelle Auftreten und Handeln, die an einigen Stellen unglaublich schlechte Organisation waren für sich keine Gründe die Piratenpartei zu verlassen. Hey, es ist eine junge Partei und irgendwie gilt da das „Welpenschutzabkommen von Entenhausen„. Oder zumindest galt es lange…
Was aber seit dem Blog-Posting von „Aaron“ Koenig passiert ist, war dann einfach zu viel. Nicht genug, dass ein Mitglied des Vorstands nicht in der Lage ist, zwischen Islam und Islamismus zu unterscheiden, sich auf rechtspopulistische und fragwürdige Quellen beruft und die auch noch empfiehlt, nein, es folgen teilweise unerträgliche Diskussionsbeiträge an verschiedenen Stellen im Netz, nicht zuletzt im Forum der Partei. Ja, ich weiss, die Forenmitglieder sind nicht unbedingt Parteimitglieder und von einzelnen Mitgliedern geäußerte Meinungen sind nicht Parteimeinung, oder etwa doch? Wenn eine nicht zu übersehende Anzahl an Piraten und Sympathisanten nun aber öffentlich anfängt Positionen zu vertreten und zu unterstützen, die meiner persönlichen Grundüberzeugung zuwiderlaufen, dann muss ich mir doch Gedanken darüber machen. Klar ich könnte mich ausführlich an solchen Diskussionen beteiligen, wenn ich darauf angesprochen werden (was gar nicht so selten vorkommt, wohl weil ich auch ein Offline-Leben habe) aufklären, dass dies eben nicht die Parteimeinung wäre und so weiter. Das alles kostet aber Zeit und Nerven, von keinem davon habe ich zuviel. Und überhaupt: Ich bin doch nicht der Sprecher der Piratenpartei, nur weil ich Mitglied bin. Irgendwann hat man einfach keine Lust mehr, sich immer und immer wieder von bestimmten Eindrücken zu distanzieren, die andere von der Piratenpartei haben, vor allem, wenn es in Gesprächen um die PP regelmäßig nur noch um solche Sachen geht und nicht mehr um die wirklich wichtigen und richtigen Forderungen der Partei. Von denen bekommt man nämlich kaum noch was mit.
Und auch interne Diskussionen über „rechts-links-vorne“ sind irgendwann genug, idiotische Aufrufe, die Piraten sollen doch gefälligst wieder „neutral“ werden heben die Stimmung auch nicht. Seit wann kann eine politische Partei „neutral“ sein? Das geht vielleicht bei einzelnen Themen, aber man kann sich doch nicht hinstellen und bei wichtigen Themen – auch und gerade wenn sie nicht direkt zu den Kernthemen der Piraten gehören – regelmäßig nur „Wir sind dabei aber neutral“ rufen, nur damit der Familien Parteifrieden nicht gestört wird und sich alle ganz doll lieb haben. Zu politischer Willens- und Meinungsbildung gehört es nun mal auch zu streiten, aber am Ende muss dann auch irgendwann ein Ergebnis kommen und nicht einfach ein „Nein, die Partei hat dazu keine Meinung, die Partei ist neutral“. Spätestens beim Thema Rechtsextremismus und (auch und gerade nicht offensichtlicher) Fremdenfeindlichkeit muss meiner Meinung nach eine Entscheidung und vor allem eine ganz klare Abgrenzung da sein.
Vielleicht wäre ich nicht ausgetreten, wenn die Vorstandssitzung gestern Abend anders gelaufen wäre, ich weiss es nicht. Darüber nachzudenken bringt nichts. Wahrscheinlich hätte es aber meinen Austritt nur verzögert. Natürlich bleibt die Hoffnung, dass die Piratenpartei bei der nächsten Wahl für mich wieder wählbar ist und es gibt Mitglieder, denen ich dafür danke, dass sie mir Grund für diese Hoffnung liefern, aber wäre am Sonntag eine Wahl, dann wäre die Piratenpartei aktuell für mich leider keine Option.
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